Spanien Spanien: Ehemaliger Atletico-Präsident Jesús Gil gestorben
Madrid/dpa. - Er wechselte die Trainer beinahe wie seine Hemden,er hielt die Gerichte in Atem, aber er rieb sich auch selbst auf. AmFreitag ist der Ex-Präsident des spanischen Traditionsclubs AtléticoMadrid, Jesús Gil y Gil, im Alter von 71 Jahren an den Folgen einesSchlaganfalls gestorben, den er in der vergangenen Woche erlittenhatte.
16 Jahre lang hatte der schwergewichtige Bauunternehmer an derSpitze des drittgrößten Vereins in Spanien gestanden und sich indieser Zeit den Ruf des «schrägsten Clubchefs des Weltfußballs»erworben. Bei seinem Rücktritt vor einem Jahr sagte er verbittert:«Ich habe für diesem Verein alles geopfert, mein Vermögen, meineGesundheit und meine Freiheit. Aber als Lohn habe ich nichts alsBeschimpfungen und Kritik geerntet.»
Gil selbst war allerdings im Umgang mit anderen auch nichtzimperlich. Er zerschliss in seiner Amtszeit 28 Trainer. Den Managereines gegnerischen Clubs streckte er mit einem Faustschlag nieder.Seine Spieler beschimpfte er nach Niederlagen zuweilen als«Hurensöhne» und Staatsanwälte, die gegen ihn ermittelten, als«schwule Böcke». Der größte sportliche Erfolg seiner Amtszeit war1996 der Gewinn des Doubles von Meisterschaft und Pokal.
Als Gil 1987 bei «Atleti» die Führung übernahm, stand der Club amRand der Pleite. Vom Fußball verstand der neue Vereinsboss damalswenig, aber er versprach sich von dem Posten soziale Anerkennung.Anfang der 70er Jahre hatte er im Gefängnis gesessen, weil ein vonihm errichtetes Gebäude wegen Pfuscherei eingestürzt war und 58Menschen in den Tod gerissen hatte. Nach 18 Monaten wurde Gil vomDiktator Francisco Franco begnadigt.
Aber auch später kam der hemdsärmlige Selfmademan mit dem Gesetzimmer wieder in Konflikt, denn er verstrickte sich in ein dunklesGestrüpp zweifelhafter Geschäfte. Zeitweilig waren gegen ihn bei denGerichten über 80 Verfahren anhängig. Der Vereinschef, eine «Mischungvon Caligula und Sancho Pansa», herrschte teils im Stile einesDiktators und teils mit schelmischer Naivität über drei «Reiche»zugleich: Er war der Chef des neunmaligen spanischen Meisters, erregierte als Bürgermeister über den mondänen Badeort Marbella, und erführte ein Imperium von Bau- und Immobilienfirmen.
In den 90er Jahren sorgte Gil auch in der Politik für Furore. Ergründete eine Partei, die so wie er selbst GIL hieß. Das stand fürUnabgängige Liberale Gruppe. Damit eroberte er immer mehr Rathäuseran der Costa del Sol. Sein Erfolgsrezept ließ sich in drei Wortenzusammenfassen: Sauberkeit, Sicherheit und Investitionen.
In seiner «Modellstadt» Marbella ließ er den Schmutz von denStraßen verschwinden, verdoppelte die Zahl der Polizisten undvertrieb Drogenabhängige und Kleinkriminelle mit rüden Methoden.Zugleich bescherte er der Stadt einen einzigartigen Bau-Boom.
Da Gil es mit Bebauungsplänen und der Haushaltsführung nicht immergenau nahm, musste er schließlich sein Amt als Bürgermeisterabtreten. Damit zerfiel auch seine Partei. Vor einem Jahr trat erobendrein als Atlético-Präsident zurück, blieb aber Mehrheitsaktionärdes Vereins.