Sommerspiele 2004 Sommerspiele 2004: 101 Tage vor Olympia hoffen die Athener auf ein Wunder

Athen/dpa. - Die100-Tage-Frist von diesem Mittwoch an bis zum 13. August scheint dieAthener jedoch nicht zu beunruhigen. «Einhundert Tage ist eine langeZeit. Wir werden rechtzeitig fertig sein», sagen die Einwohner vonAthen.
Völlig anders ist die Stimmung im Organisationskomitee (ATHOC):«Es darf nicht mehr eine Minute verloren gehen», sagt seinePräsidentin, Gianna Angelopoulos-Daskalaki. Das aber sagt sie schonseit mehr als drei Jahren. «Auch ihr fallen mittlerweile keine neuenAusdrücke mehr ein, um die brenzlige Lage darzustellen», meinen ihreengen Mitarbeiter.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat sich längst damitabgefunden, dass die Griechen vieles erst in letzter Minute fertighaben werden. Der Zeitpunkt für Drohungen ist längst überschritten,jetzt helfen nur noch Streicheleinheiten und eine fast durchgehendeBeaufsichtigung. Am 10. Mai wird die IOC-Koordinierungskommissionunter Leitung des Schweizers Denis Oswald erneut einfliegen. Noch niehat das IOC es für nötig gehalten, so oft vor Ort zu sein und sointensiv auf Olympia-Organisatoren einzuwirken. «Sie (die Griechen)hätten uns und sich selbst den Stress mit den Vorbereitungen ersparenkönnen. Wir haben jedoch keine Zweifel mehr, dass alles in die Wegegeleitet worden ist», hieß es am Dienstag aus der IOC-Zentrale inLausanne.
Die neue Regierung unter Ministerpräsident Kostas Karamanlis istentschlossen, alles zu tun, damit «nach Olympia alle zufrieden sind».Am Montag wurde ein neues Verkehrs-Überwachungssystem in Betriebgenommen. Und da laut Umfrage mehr als 43 Prozent der Athener, dienicht im staatlichen Bereich arbeiten, im Olympia-Monat August inUrlaub gehen wollen, hoffen die Behörden auf ein Ausbleiben desbefürchteten Verkehrschaos. Gleichzeitig kündigte dasInnenministerium an, dass alle seine Behörden vom 1. Juli an inAlarmbereitschaft versetzt werden. «Vom 1. Juli an wird in fast allenBehörden Alarmstufe rot gelten», sagt ein Sprecher desInnenministeriums. In den Bereichen Müllabfuhr, Gesundheitssystem,Öffentliche Verkehrsmittel, Banken, Post, Telekommunikationen undSicherheit werde keiner in den Urlaub gehen, hieß es.
Wer jedoch dieser Tage in Athen ankommt, kann es nicht glauben,dass die neue Bahnlinie, die die Olympia-Stadt mit ihrem Flughafenverbinden soll, noch fertig gebaut werden kann. Entlang der Hälfteder Strecke fehlten noch die Leitungen, die die Züge mit Elektrizitätversorgen werden. Laut Plan soll die Bahn Anfang Juli in Betriebgenommen werden.
Groß sind noch die Sorgen bei den Sportanlagen. Das Olympiastadionist noch eine reine Baustelle. Die Überdachung wird allen Anzeichennach Mitte Mai fertig sein, doch die Bauarbeiten sollen bis Ende Juniweitergehen. Erst dann werden die Techniker des Fernsehens arbeitenkönnen. «Wir müssen eben ein Wunder verwirklichen», sagt ein hoherBeamter der staatlichen griechischen Telekommunikationsgesellschaftder dpa. Völlig unklar ist noch, wann und ob der vorolympische Testder Leichtathletik stattfinden wird. «Wenn das Stadion nicht fertigist, dann werden wir ganz einfach ohne den Test bleiben. Das istjedoch undenkbar», sagt ein Mitglied des griechischen Leichtathletik-Verbandes (SEGAS). Mit seiner Aussage trifft er die größte Besorgnisder IOC-Führung: Dass ein wesentlicher Teil der 201 Medaillen-Wettbewerbe in ungetesteten Arenen ausgetragen wird.
Nach wie vor jedoch bleibt die Sicherheit für Regierung, ATHOC undIOC die erste Priorität. Die Kosten ufern aus und werden mittlerweileauf eine Milliarde Euro geschätzt. 650 Millionen Euro sind für denEinsatz von mehr als 70 000 Sicherheitskräfte, Militärs,Feuerwehrleute und Sicherheitssysteme kalkuliert. Hinzu kommen nochdie Ausgaben für den Einsatz von mehreren AWACS-Radarflugzeugen desFrühwarnsystems der NATO und der NATO-Flotte in der Ägäis. DieseEinsätze zum Schutz aus der Luft und zu Wasser werden die Allianzweitere 350 Millionen Euro kosten. Damit wird das Paket Sicherheitdas teuerste in der Geschichte der Olympischen Spiele sein.