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Skispringen Skispringen: Hannawald nach öffentlicher Kritik im Abseits

Von Eric Dobias 08.02.2004, 15:30

Oberstdorf/dpa. - Mit seiner öffentlichen Kritik an der von Bundestrainer Wolfgang Steiert verantworteten Saison-Vorbereitung hat Sven Hannawald im Lager der deutschen Skispringer neue Unruhe ausgelöst und sich selbst ins Abseits manövriert. Während Hannawalds Kollegen kein Verständnis für die Attacke des seit Wochen von der Mannschaft isolierten Stars zeigten, bemühte sich Steiert um Schadensbegrenzung. «Das kam anders rüber, als es gemeint war. Ich habe mit Sven telefoniert. Wir haben die Sache ausgeräumt», sagte der Coach und erstickte zunächst jegliche Krisen-Diskussion im Keim.

Doch Hannawalds Aussagen waren keineswegs missverständlich. «Wir haben im letzten Sommer andere Voraussetzungen geschaffen. Die waren sportartspezifisch nicht so toll wie in den Jahren zuvor. Aber das wissen die Trainer auch. Wir stehen jetzt dazu und ziehen das bis zum Saisonende ohne Querelen durch», erklärte der wegen seiner Formkrise seit dem 17. Januar pausierende Hannawald in einem RTL-Interview und kündigte für das Frühjahr eine kritische Aussprache an.

Die will der Technische Skisprung-Direktor im Deutschen Skiverband (DSV), Rudi Tusch, bereits am Montag mit Hannawald führen. «So schaffen wir uns Nebenkriegsschauplätze, die wir momentan nicht gebrauchen können. Sven denkt zu sehr an sich», kritisierte Tusch das egoistische Vorgehen des Hinterzarteners zu einem völlig falschen Zeitpunkt. «Wir werden die Dinge, die er gesagt hat, in der Frühjahrs-Klausur kritisch prüfen», kündigte der Funktionär an.

Dabei könnte Hannawald allein auf weiter Flur stehen. «Darüber kann man verschiedener Meinung sein. Sicher haben wir anders trainiert, aber das war auch beabsichtigt», sagte Michael Uhrmann. Noch deutlicher widersprach Georg Späth der Hannawald-Kritik: «Ich fühle mich recht gut und denke, dass ich im Sommer richtig trainiert habe.» Auch Teamkapitän Martin Schmitt wollte nichts von einer Fehlplanung wissen.

«Mich überrascht gar nichts mehr», reagierte Steiert äußerlich gelassen auf die Vorwürfe seines Lieblingsschülers, wies diese in der Sache aber zurück. «Er war vier Wochen krank im Sommer und kann jetzt nicht alles auf das Vorbereitungstraining schieben.» Dies tat Hannawald auch nicht, sondern holte gleich zum Rundumschlag aus. «Es gibt viele Dinge, die eine Rolle spielen, nicht nur das Training, sondern etwa auch das Material», erklärte der zweifache Skiflug- Weltmeister, der am kommenden Wochenende beim Weltcup in Willingen sein Comeback plant.

Der TV-Auftritt des 29-Jährigen am Samstag machte allerdings kaum Hoffnung auf eine erfolgreiche Rückkehr. Müde und ausgezehrt präsentierte sich Hannawald vor der Kamera, seine Durchhalteparolen wirkten wie leere Worte. «Wenn ich im Tief bin, lasse ich immer viele Nerven. Aber ich gebe definitiv nicht auf», sagte der Mannschafts- Olympiasieger. Vom Glanz in den Augen, den Steiert im Trainingslager ausgemacht haben wollte, keine Spur.

Vielmehr wirkten einige Sätze wie Hilferufe. «Ich werde wieder mehr auf meinen Körper hören, habe zuletzt einen ziemlichen Raubbau betrieben. 2000 hatte ich schon mal solch ein Jahr, wo es nicht ging und ich daran zerbrochen bin», sagte Hannawald, der das Verhältnis zu Steiert als Hauptader in seinem System bezeichnete. Dass er diese mit seiner Attacke fast durchtrennt hätte, ist ein weiteres Indiz für die Verunsicherung des einstigen Weitenjägers.