Simone Laudehr Simone Laudehr: Die Dauer-Rennerin

FRANKFURT (MAIN)/MZ. - 2007 war der Neuling und Lehrling in der Nationalmannschaft plötzlich ein Star. Simone Laudehr, die Mittelfeldspielerin der DFB-Elf, erzielte im WM-Finale gegen die favorisierten Brasilianerinnen das entscheidende 2:0. Dann tat sie, was sie am besten kann, sie rannte und rannte über das halbe Spielfeld, blieb freudetrunken stehen und zog sich vom Adrenalin befeuert das Trikot über den Kopf. Zu bewundern war unter dem schwarzen Sport-BH ein Waschbrettbauch, wie ihn auch die in marmorgemeißelten, musealen Helden der griechisch-römischen Antike gern zeigen.
Der Schuss ist später zum Tor des Monats gewählt worden. Simone Laudehr seufzt ein wenig, wenn sie auf ihren Trikot-Lupfer angesprochen wird. Sie möchte nicht auf diese spontane Aktion reduziert werden und nur um noch einmal Aufmerksamkeit zu erregen, würde sie "das bestimmt nicht machen". Sie schließt aber nicht aus, dass es wieder passieren könnte. "Wenn wir Weltmeister werden, wer weiß, was kommt."
Es war ein steiler Aufstieg, den die Marathonfrau unter den deutschen Kickerinnen hinlegte. Im Juli 2007 Debüt in der nationalen Auswahl, im September Weltmeisterin, 2008 tränenreiche Gewinnerin der olympischen Bronzemedaille. "Da ging ein Traum in Erfüllung." 2009 Europameisterin und jetzt wieder auf dem Weg, den zweiten WM-Titel zu gewinnen.
Die gelernte Bürokauffrau, die wegen einer Prüfung auch schon einmal eine Einladung zur Nationalmannschaft abgesagt hat, gehört nun nicht zu den Menschen, die sich wegen überragender sportlicher Erfolge für etwas Besseres halten. Die Welt- und Europameisterin ist froh darüber, dass sie sich "ein Maß an Demut und Bescheidenheit bewahrt hat". Die gebürtige Regensburgerin besuchte vier Jahre lang eine Klosterschule und hat dort gelernt, worauf es im Leben ankommt.
In ihrer Jugend war Simone Laudehr eine gute Tennisspielerin, sie gehörte ein paar Jahre lang der Bayern-Auswahl an. Heute spielt die Sportsoldatin Basketball, gern auch mal mit den Füßen. Im Team von Silvia Neid gehört die schlanke Mittelfeldspielerin von Beginn der Vorbereitung zu den gesetzten, ja unverzichtbaren Spielerinnen. Zusammen mit Jung-Star Kim Kulig bildet die für Duisburg in der Bundesliga spielende Dauer-Rennerin die Doppel-Sechs im 4-2-3-1 System. Sie ist gleichermaßen fürs Abräumen wie für den dynamischen Antrieb zuständig. Vergleiche mit Bastian Schweinsteiger liegen da geradezu auf der Hand.
"Dünn wie ein Handtuch und dennoch zweikampfstark und antrittsschnell" hat der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, Theo Zwanziger, einmal bewundernd gesagt. Im Spiel gegen Kanada hat das Leichtgewicht bewiesen, dass es kräftig zulangen kann. Der Schienbeintritt gegen die kanadische Spielführerin Christine Sinclair war doppelt schmerzhaft. Der verwandelte Freistoß brachte das deutsche Team noch einmal in Bedrängnis.
Vor vier Jahren hat sich die 24-Jährige wie die kleine Neue gefühlt, die lieber die Klappe hält und möglichst viel von den routinierten Spielerinnen lernen will. Heute sieht sich Simone Laudehr bei aller Bescheidenheit zwar nicht unbedingt als Führungsspielerin, aber doch als eine der Akteurinnen, die auf dem Platz durch ihre Art das Spiel zu bestimmen, zeigt, wo es lang geht. "Es ist normal. Ich habe mich sowohl auf dem Platz als auch menschlich weiterentwickelt. Im Verein habe ich gelernt, mehr Verantwortung zu übernehmen. Das kommt mir natürlich jetzt auch in der Nationalmannschaft zugute."
Die Art, wie Bastian Schweinsteiger spielt, gefällt ihr. Heute sieht sich die Frau, die schon als Kind nicht stillstehen konnte, als eine Art Bindeglied zwischen den älteren und den jüngeren Akteurinnen. Wenn sie mit der erfahrenen Ariane Hingst zusammenspielt, profitiert sie von deren Sicherheit. Ihre jetzige Dauer-Kollegin Kim Kulig versucht sie schon mal anzutreiben. "Gerade diese Mischung aus jung und alt macht uns stark", sagt sie.
Es gibt auch eine etwas wildere Seite der Simone Laudehr. Die Bayerin fährt gern Motorrad und vor der Weltmeisterschaft hat sie sich ein auffälliges Tattoo in den linken Oberarm stechen lassen. Auf rumänisch, ihre Mutter stammt von dort, soll das ihr und ihrer Familie Mut und Kraft verleihen. Kann beim Fußball spielen nicht schaden.