1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Sexualverbrecher: Sexualverbrecher: Täterinnen fehlt das Unrechtsbewusstsein

Sexualverbrecher Sexualverbrecher: Täterinnen fehlt das Unrechtsbewusstsein

Von Corinne Treder 28.03.2001, 16:02

Halle/Wiesbaden/MZ. - "Eine 18 Jahre alte Frau ist in London wegen Vergewaltigung einer 37-jährigen Frau verurteilt worden." Eine Meldung über ein Sexualdelikt, das scheinbar nur deshalb in die Öffentlichkeit gelangt ist, weil es sich beim Täter um eine Frau handelt. Weibliche Sexualtäter sind seltener und dennoch gibt es sie. Fünf bis zehn Prozent aller Sexualdelikte werden der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden zufolge von Frauen begangen.

Unterschieden wird in der Statistik zwischen sexuellem Missbrauch (Frauen: 4-5 Prozent), sexuellen Gewaltdelikten (Frauen: 1-2 Prozent), exhibitionistischen Handlungen (Frauen: 0 Prozent) und dem Ausnutzen sexueller Neigungen, worunter beispielsweise die Verschaffung von Kinderpornographie und Menschenhandel fällt. Beim Menschenhandel gibt es mit 17 Prozent Frauenanteil eine wesentlich höhere Quote als in den anderen Kategorien.

Sexueller Missbrauch von Kindern durch Frauen sei schwerer wahrzunehmen und aufzuklären als bei Männern, so Professor Rudolf Egg, Kriminalpsychologe und Leiter der Kriminologischen Zentralstelle, weil solche Delikte fast immer in Fürsorgeverhältnissen eingebunden sind. Egg: "Es gibt eine hohe Dunkelziffer in dem Bereich." Weil heute oft der Sensationswert entscheidet, gelangen nur die spektakulären Fälle an die Öffentlichkeit, wie der Sexualmord an Ulrike Brandt aus Eberswalde.

Bei diesen "absoluten Ausnahmen", wie es Rudolf Egg nennt, geraten jedoch meist Männer als Täter in die Schlagzeilen. Bei solch "überfallartigen" Verbrechen kämen Frauen als alleinige Täter praktisch nicht vor; wenn, dann eher in Mittäterschaft. Schon weil Frauen rein physiologisch ein erzwungener Beischlaf gar nicht möglich ist.

Lange Zeit waren "Sexualverbrecherinnen" ein Tabu-Thema. Frauen, die Kinder vergewaltigen oder verstümmeln, passen nicht zum Klischee der fürsorglichen Mutter. "Es gibt Schwierigkeiten bei der Vorstellung, dass auch Frauen Kinder sexuell missbrauchen können", so Ursula Enders vom Verein Zartbitter in Köln, einer Initiative gegen sexuellen Missbrauch von Kindern. Frauen werde auch ein intensiverer Körperkontakt zu Kindern zugestanden als Männern.

Während bei Frauen bestimmte Handlungen noch als "normal" angesehen werden, deute man sie bei Männern schon als Übergriffe. Nicht jede mütterliche Berührung eines Kinderpopos ist eine sexuelle Belästigung. Aber die Grenzen zwischen zärtlicher Pflege und unangenehmem Getätschel seien fließend. Mindestens die Hälfte der Täterinnen missbrauche aus eigenem Antrieb. Die anderen seien Mittäter, die vom Ehemann dazu gezwungen werden, später dann Gefallen daran finden, so Enders.

"Beim sexuellen Missbrauch geht es immer darum, Gewalt auszuüben, also schwächere Menschen zu unterwerfen", erklärt Rudolf Egg. Sexualität sei nur ein Mittel dazu. Die Täter hätten nicht in erster Linie sexuelle Probleme, sondern Störungen in ihrem sozialen Verhalten. Zum Beispiel fehle ihnen ein Unrechtsbewusstsein. Warum gibt es insgesamt weniger Frauen als Männer unter den Tätern? Frauen werden in der Regel weniger straffällig, so Egg. "Das hat mit dem anerzogenen Rollenbild genauso zu tun, wie mit ihrem Umgang mit Gewalt und Aggression."