Schwimmen Schwimmen: Rekord-Explosion durch «Anzug-Doping»
Rijeka/dpa. - In der Dauerdiskussion um die Weltrekordflut durchHigh-Tech-Anzüge formiert sich eine gemeinsame Front der führendeneuropäischen Schwimm-Nationen. Trainer aus 15 Ländern, darunterDeutschland, haben den Weltverband FINA in einer gemeinsamenResolution aufgefordert, bis zur Weltmeisterschaft im Juli 2009 inRom klare Regeln zu schaffen. So soll unter anderem das Anzug-Material eindeutig bestimmt werden. «Ich glaube, dass man sich dieserArgumentation der Cheftrainer nicht verschließen kann», sagte derSportdirektor des Deutschen Schwimm-Verbandes, Lutz Buschkow, amSonntag bei der Kurzbahn-EM in Rijeka.
Immer neue Fortentwicklungen an den Anzügen führten in diesem Jahrzu einer Rekord-Explosion im dreistelligen Bereich. «Das ist schonAnzug-Doping», meinte Bundestrainer Dirk Lange. Oft ist offiziellnicht bekannt, aus welchem Material die Anzüge sind. Durch immerverfeinerte Stoffe verbessert sich die Lage im Wasser und verringertsich der Wasser-Widerstand. «Es geht nur noch um Kraft und Muskeln,gar nicht mehr um die Stabilität», sagt Rücken-Spezialist HelgeMeeuw, der davor warnt, dass Schwimmen auf eine «High-Tech-Sportart»reduziert wird.
Daher soll nach dem Willen der Trainer eine unabhängige Kommissionkünftig neue Anzüge prüfen, die nach Willen der Trainer mindestensneun Monate vor großen Wettkämpfen allen Schwimmern zur Verfügunggestellt werden sollen. «Es ist großartig, dass diese Aktion auch vonTrainern der mit diesen Anzügen erfolgreichen Nationen unterstütztwird. Sie sagen, unsere Schwimmer tragen diese Anzüge nicht, weil siees wollen, sondern weil es erlaubt ist», sagt der niederländischeTrainer Jacco Verhaeren.
Die Anzug-Problematik führte an der kroatischen Adria mitunter zuskurrilen Szenen. So trugen Schwimmer zwei oder drei Anzügeübereinander. Was zunächst unsinnig erscheint, erzeugt Luftpolsterund einen verbesserten Auftrieb. Kaum aus dem Becken, reißen sich dieAthleten die engen Anzüge vom Körper. Den französischen Rekord-Freistilschwimmern sollen ihre Anzüge sogar im wahrsten Wortsinn aufden Leib geschneidert worden sein, als kostspieliges Einmal-Produkt.
Die deutschen Schwimmer, die per Vertrag auf den Verbands-Ausrüster (adidas) festgelegt sind und um ihre Konkurrenzfähigkeitfürchten, hoffen auf feste Regeln. Nach der Resolution von Rijekasoll bei einer internationalen Trainer-Konferenz im Januar auch einegemeinsame Linie mit den dominierenden Schwimm-Nationen Australienund USA gefunden werden. Auch DSV-Präsidentin Christa Thielunterstützt die Forderungen und hofft auf eine Umsetzung noch vor derWM: «Ich bin da sehr optimistisch. Unter den Kollegen gibt es eineeinhellige Meinung.»