1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Schwäbische Alb: Schwäbische Alb: Tropfsteine und Bärenskelette

EIL

Schwäbische Alb Schwäbische Alb: Tropfsteine und Bärenskelette

Von Arno Schütze 02.09.2005, 11:10
Abwärts in die Dunkelheit - Besucher am Eingang der Wimsener Höhle. (Foto: dpa)
Abwärts in die Dunkelheit - Besucher am Eingang der Wimsener Höhle. (Foto: dpa) Fotoservice GbR Hayingen

Sonnenbühl/dpa. - In rund 20 Schauhöhlen können Besucher am bequemsten Tropfsteine, bizarre Felsformationen und Überbleibsel von steinzeitlicher Kultur bestaunen. Museen erklären ihre geologische Entstehung und die Lebensweise ihrer ersten Bewohner, der Steinzeitmenschen. Für die mutigsten Hobby-Forscher bieten Höhlenvereine Entdecker-Touren mit Helm und Stirnlampe an. «Von ihrer Schönheit her spielen die Höhlender Schwäbischen Alb in der ersten Liga», schwärmt der Freiburger Hydrogeologe Wilhelm Schloz.

In die Nebelhöhle bei Sonnenbühl geht es 141 Stufen hinab. Mitjedem Schritt wird die Luft ein wenig kälter und feuchter. Untenzeigt das Thermometer fast das ganze Jahr lang zehn Grad.Scheinwerfer beleuchten von den Decken hängende, eiszapfenähnliche Stalaktiten. Aus dem Boden sind innerhalb von Jahrmillionen die Stalagmiten genannten Gegenstücke gewachsen. Selbst Kalkablagerungen in Form von Blumenkohl oder Pilzen haben sich gebildet. Im Schein der Lampen wachsen Algen und Moose. Schon seit dem Mittelalter ist die Nebelhöhle bekannt. Vor 200 Jahren ließ der Kurfürst von Württemberg den ersten bequemen Eingang schaffen.

Die nahe gelegene Bärenhöhle ist heute mit im Schnitt 150 000Besuchern jährlich die am häufigsten besichtigte Höhle Deutschlands. Ein riesiges Bärenskelett zeugt davon, dass sie einmal nicht nur Menschen als Unterschlupf diente. Wissenschaftler fanden dort 30 bis zu 20 000 Jahre alte Skelette der ausgestorbenen Höhlenbären, die deutlich wuchtiger waren als Braunbären.

Wer mehr Abenteuer sucht, als auf Betonstufen in eineTropfsteinwelt hinabzusteigen, kann sich von den Spezialisten der Höhlenvereine in die Unterwelt führen lassen. «Alle tragen Helm, Stirnlampe und warme, wasserdichte Kleidung», erklärt Christoph Gruner vom Höhlenverein Grabenstetten. Er führt in die Falkensteiner Höhle. Mit knapp sechs erforschten Kilometern ist sie eine der längsten der Schwäbischen Alb. «Immer wieder muss man krabbeln oder klettern», sagt Gruner. Da ein Bach durch die Höhle fließt, stehen die Teilnehmer teilweise bis zum Bauch im Wasser.

«Grottenolme gibt es trotzdem nicht zu sehen», sagt Gruner. «Diekommen nur in Slowenien vor oder in Schauhöhlen etwa im Harz.» Andere Tiere gibt es zwar reichlich. Die Höhlenkäfer, Brunnenschnecken und Höhlenflohkrebse sind aber so klein, dass sie kaum zu entdecken sind.

Nicht nur zu Fuß, sondern im Boot lässt sich - als einzige inDeutschland - die Friedrichshöhle in Wimsen bei Hayingen erkunden. Für Besucher endet die Fahrt nach 70 Metern, Taucher stoßen allerdings hinter einem 20 Meter langen Unterwasser-Tunnel auf 700 Meter lange Gänge und Hallen. Ein noch verzweigteres Höhlensystem entdeckten Höhlentaucher, als sie die Karstquelle «Blautopf» bei Blaubeuren erkundeten. Nach Ansicht mancher Experten reichen die Höhlen bis zu fünf Kilometer ins Erdinnere und dann bis zu den Alpen.

Am tiefsten kommen Besucher in der Laichinger Tiefenhöhle hinab.Im «Gletschermühlenschacht» geht es 70 Meter hinunter in einversteinertes Riff der Jurazeit. Über dem Eingang steht einHöhlenmuseum. Anhand von Modellen wird anschaulich erklärt, wie die Höhlen der Alb entstanden, was dort gefunden und erforscht wurde. Wem der Weg zu weit ist, kann sich die Höhle und alle Stationen der Ausstellung im Internet unter tiefenhoehle.de anschauen.

Steinzeitinteressierte sollten keinesfalls das UrgeschichtlicheMuseum Blaubeuren auslassen. Unter anderem sind dort die ältesten Kunstwerke der Menschheit ausgestellt, etwa eine rund 30 000 Jahre alte Flöte aus Mammutelfenbein. «Sie wurde gespielt, als in Europa sowohl die letzten Neandertaler als auch die ersten modernen Menschen lebten», sagt der Tübinger Archäologe Nicholas Conard. Auch das Fossilienmuseum in Dotternhausen und das Meteorkratermuseum in Steinheim am Albuch lohnen einen Besuch. In Giengen an der Brenz entsteht zudem bis Frühjahr 2006 eine «Höhlen-Erlebnis-Welt» mit einem Steinzeit-Park.

Nicht nur in der Tiefe, auch an der Erdoberfläche hat die Höhlen-und Karstlandschaft Schwäbische Alb Besonderheiten parat. Dazu gehören beeindruckende Felsformationen wie die steinernen Jungfrauen an Ufer der Brenz bei Herbrechtingen. Wenn Höhlen einstürzen, entstehen trichterförmige «Dolinen». Da die Luft aus ihnen nicht seitwärts entweichen kann, herrscht dort ein extremes Klima. «In der Doline Weidenwang gibt es an mehr als 220 Tagen im Jahr Frost», sagt Fremdenführer Hartmut Reiser. «Das ist schwäbisch Sibirien.»

Informationen:

Nationaler GeoPark Schwäbische Alb (Tel.: 07381/18 21 45)

Bären- und Nebelhöhle: Tourismusverein Sonnenbühl (Tel.: 07128/925 18 oder 07128/92 73 65)

Höhlenkundliches Museum Laichingen (Tel.: 07333/55 86)

Urgeschichtliches Museum (Tel.: 07344/928 60)

Für Adressen von Höhlenvereinen, die geführte Touren in «wilde Höhlen» anbieten:Landesverband für Höhlen- und Karstforschung, Postfach 50 07 26,70337 Stuttgart