Schottland Schottland: Die Westküste geizt nicht mit Reizen
Halle/MZ. - Und wer in friedlicher Absicht in diesen Teil Schottlands kommt, findet vor allem zweierlei: freigiebige Schotten und eine Landschaft, die nicht mit ihren Reizen geizt.
"Die Westküste Schottlands gehört zu den letzten Wildnisgebieten in Europa", sagt Godfrey Macdonald bei Tee und Gebäck. Seine Gäste nicken, und es wechseln freundliche Sätze über die lange Tradition der Macdonald-Familie und die 17 Kochbücher, die Gattin Claire geschrieben hat. "Fleisch, Früchte, Kuchen, alles sollte lokal produziert und saisonal gegessen werden", sagt Lady Claire. Und: "Tee ist auch bei großer Hitze das beste Erfrischungsgetränk" - natürlich.
Mit großer Hitze haben die Menschen auf den Inneren Hebriden aber wenig Erfahrung. Skye, Mull und die anderen Inseln der Gruppe liegen im Nordatlantik. Permanente Westwinde bringen Wolken vom Ozean heran - und viele laden ihre nasse Fracht zwischen den Bergen ab. Land und Meer haben sich auf den Hebriden zu einer amphibischen Landschaft verwoben. Wie Finger greifen Halbinseln ins Wasser: Auf Bucht folgt Berg, folgt See, folgt Weide, Wald - immerfort. Ob der nächste Loch - so nennen die Schotten ihre Seen und Fjord ähnlichen Buchten - süß oder salzig ist, zeigen der Fingertest oder wenn bei Ebbe die Wattenmeerflächen zum Vorschein kommen.
Auf Skye locken die Burgen Armadale und Dunvegan die Besucher an. Auf Mull beeindrucken Duart und Torosay Castle. Duart Castle, erbaut im 13. Jahrhundert auf dunklen Klippen, beherrscht so imposant den Sound of Mull, dass auch Hollywood es schon als Kulisse nutzte. Tiere lassen sich auf Mull gut bei einer Tour mit Pam Brown erleben. Für umgerechnet etwa 45 Euro pro Person nimmt sie Urlauber mit auf eine achtstündige Entdeckungstour mit ihrem Landrover. "Fahren kann ich auch alleine", mag man denken. Doch Pam sieht und hört mehr und weiß vor allem Bescheid.
Die Gewässer der Hebriden können mit einer Vielfalt an Meeressäugern aufwarten, die in Europa ihresgleichen sucht. Allein 24 Walarten haben die Tierschützer des Hebridean Whale and Dolphin Trust gezählt. In fast jedem Hafen der Hebriden lässt sich eine "Seafari" mit einem Boot buchen.
Bei passabler Sicht zeigt sich der Atlantik von seiner besten Seite. Die Felswände sind von Leben überzogen: Seenelken, Anemonen, Seescheiden und die "Tote Mannshand", eine Weichkorallenart, stehen dicht an dicht. Seesterne tragen Rot, Lippfische blaue Streifen. Die goldbraunen Blätter des Palmentangs wiegen sich in der Strömung. In den Spalten sitzen Taschenkrebse und ab und zu ein kleiner Katzenhai.
Wärmer als 16 Grad wird das Wasser allerdings nicht. Die fehlende Wärme unter Wasser macht Gordon dann mit Gastfreundschaft wett: Wer nach dem Tauchgang friert, den lädt der Schotte in sein Haus ein und serviert Seemannsgarn mit heißem Kaffee oder Tee.