1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Retrospektive zu Stephan Balkenhol in Hamburg

Retrospektive zu Stephan Balkenhol in Hamburg

18.11.2008, 14:27

Hamburg/dpa. - In Hamburg sind die Werke des deutschen Bildhauers Stephan Balkenhol allgegenwärtig: ob die schwimmenden Männer auf Alster und Elbe, die riesige Giraffe vor Hagenbecks Tierpark oder das meterlange Bronzepaar «Mann und Frau» vor der Zentralbibliothek.

Jetzt kehrt der längst auch international bekannte 51-Jährige, der in Karlsruhe und in Meisenthal in Frankreich lebt und in Hamburg an der Hochschule für Bildende Künste studierte, an seinen Ursprungsort zurück. Die Hamburger Deichtorhallen zeigen bis zum 1. Februar die bisher umfangreichste Werkschau des Künstlers. Auf rund 3000 Quadratmetern sind rund 100 Arbeiten von 1982 bis heute zu sehen, darunter Skulpturen, Reliefs, Wandbilder und Fotografien.

«Meine Skulpturen erzählen keine Geschichten. In ihnen versteckt sich etwas Geheimnisvolles. Es ist nicht meine Aufgabe, es zu enthüllen, sondern die des Zuschauers, es zu entdecken», sagt der Künstler, der seit 1992 an der Akademie der bildenden Künste in Karlsruhe lehrt. Seine grob gehauenen und farbig bemalten Holzskulpturen sind sein Markenzeichen geworden. Scheinbar emotionslos blicken sie ins Leere oder auf einen für den Betrachter unbekannten Punkt. Die Figuren bleiben anonym, distanziert und rätselhaft - und gerade deswegen können sich vielleicht viele Menschen mit ihnen identifizieren.

«Stephan Balkenhol zählt zu den wichtigen Bildhauern seiner Generation. Seine überwiegend figuralen Werke haben die zeitgenössische Vorstellung von Bildhauerei nachhaltig beeinflusst», sagte der Direktor der Deichtorhallen, Robert Fleck, am Donnerstag in Hamburg. Die Einfachheit und der scheinbar organische Charakter der Figuren sowie der in Zusammenarbeit mit dem Künstler gestaltete räumliche Dialog zwischen den Skulpturen verwandle die Ausstellung in eine Parallelwelt, «die unzählige Fragen zum Selbstverständnis des Individuums in der Gegenwart aufwirft». Der Künstler selbst wollte keine «Gebrauchsanweisungen» liefern. «Minimal Art oder Pop Art - vielleicht ist beides richtig», meinte Balkenhol.

Die Schau beginnt mit drei kleineren Sälen, in denen frühe Hohl- und Ganzkörperskulpturen aus Hamburger Sammlungen zu sehen sind, darunter auch «Köpfe Mann und Frau» (1982) aus dem Kölner Museum Ludwig. Danach tritt der Besucher in den Hauptraum, in dem fünf Paravents mit großformatigen Holzreliefs unterschiedliche Zwischenformen von Skulptur und zweidimensionalem Bild zeigen. Sie gehören zu den neuesten Arbeiten, die Balkenhol extra für die Hamburger Ausstellung geschaffen hat. Zu sehen sind Ahornblätter und Wildschweine, Vögel und Zeichnungen, ein Paar und eine Ansicht der von den Nationalsozialisten geplanten Ferienanlage Prora auf Rügen.

«Ich möchte mit Ironie Pathos unterlaufen», sagte Balkenhol zu der Arbeit «König, Gefangener und Admiral» (2003), die einen König und einen Admiral ohne Hosen zeigt. «Wir haben im Alten Europa sehr viele Kriege angezettelt. Ich hoffe, dass wir Europäer daraus gelernt haben», sagte er. Vom Hauptraum aus gelangt der Besucher in vier Räume, die bekannte Werkensembles wie die «57 Pinguine» (Frankfurt) zeigen und die «Meerjungfrau», die 1997 für den Aussichtsraum auf der Zugspitze entstand. Am Ende der Schau steht die 5,5 Meter hohe Säule aus Fellbach, in der Menschen in einem Baumstamm zu stehen scheinen.