Reaktionen Reaktionen: Weltweite Trauer über Enkes Tod
London/Barcelona/Gernrode/dpa. - Nach dem Selbstmord von Fußball-Nationaltorwart Robert Enke herrscht in der Harzgemeinde Gernrodebesondere Betroffenheit. Denn der Fußball-Star unterstützte dortFamilie Hahnl, deren Tochter Lara denselben seltenen Herzfehler hatwie Enkes gleichnamiges Kind, das 2006 im Alter von zwei Jahrengestorben war. «Ich bin einfach fassungslos», sagte Steffi Hahnl amMittwoch der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Nach dem Tod der süßenLara waren Roberts Augen immer traurig. Meine Gedanken sind jetzt beiFrau Enke. Wie schrecklich muss es sein, nach ihrem Kind auch nochden Mann zu verlieren. Ich bin ganz, ganz tief betroffen.»
Enke gab der Familie Hahnl neue Kraft bei der Betreuung ihrerTochter, die von Geburt an am äußerst seltenen HypoplastischenLinksherzsyndrom (HLHS) leidet - also nur mit einem halben Herzenlebt. So unterstützte er im Vorjahr auf seiner Internetseite einePetition an die Politik, in der Steffi Hahnl mehr Beachtung fürFamilien mit herzkranken Kindern, bessere Versorgungsleistungen undmehr Forschung an kindgerechten Medikamenten fordert. «Es war einegroße Ehre, dass er uns half. Er wusste genau, was wir durchmachen.»
Der Kontakt mit Enke kam laut Hahnl über ein Internetforumzustande, in dem sich Eltern von HLHS-Kindern austauschen. Persönlichlernte die Gernröder Familie den Fußballer nicht kennen, geplant wareine Begegnung im kommenden Jahr. Steffi Hahnl (40) will sich nun -ganz im Sinne Enkes - weiterhin neben ihrem «Sonnenschein» Lara auchfür andere herzkranke Kinder einsetzen. Erst vor zwei Wochen machtesie im Schloss Bellevue die Frau des Bundespräsidenten, Eva LuiseKöhler, auf die Problematik aufmerksam. Zudem schreibt sieKinderbücher, einen Teil der Erlöse spendet sie mit dem Ziel, dieKinderherz-Forschung zu verbessern.
Der Selbstmord von Nationaltorwart Robert Enke hatüber die Grenzen Deutschlands hinweg und über den Fußball hinausgroße Betroffenheit ausgelöst. Zugleich wurde der Profi als«besonderer Mensch» und «herausragende Persönlichkeit» gewürdigt undseiner Familie große Anteilnahme ausgedrückt. Bundeskanzlerin AngelaMerkel habe ihr Mitgefühl in einem persönlichen Brief an die WitweTeresa Enke ausgesprochen, sagte Vize-Regierungssprecher ChristophSteegmans am Mittwoch in Berlin. Zum Inhalt wollte er keine Angabenmachen: «Das gebietet der Anstand, dass ein sehr persönlicher Briefauch persönlich bleibt.»
Auch der Weltfußball-Verband FIFA reagierte. «Die internationaleFußballfamilie hat die äußerst traurige Nachricht über den Hinschiedvon Robert Enke erhalten. Unsere Gedanken sind in dieser schwerenZeit bei der Frau und der Familie von Robert Enke, und wir wünschenihnen die Kraft, den Schmerz ertragen zu vermögen», schrieb FIFA-Präsident Joseph S. Blatter.
«Es fällt mir schwer, die Gefühle zu beschreiben. Ich bin völligschockiert, völlig leer. Mein ganzes Mitgefühl gilt seiner Frau undseiner Familie», ließ Bundestrainer Joachim Löw über den DFBmitteilen. «Robert war nicht nur ein herausragender Spieler, sondernauch ein toller Mensch. Wir haben wunderbare Gespräche geführt. Erkonnte zuhören und ist anderen mit unglaublichem Respekt begegnet.»Sein Tod sei «ein immenser Verlust»
Die Nachricht von der Tragödie hatte ihn und die Spieler amDienstagabend in Bonn erreicht, wo sich das Team auf die Spiele amSamstag in Köln gegen Chile und vier Tage später in Gelsenkirchengegen die Elfenbeinküste vorbereitete. Als Reaktion auf das Unglückwurde die Partie gegen Chile abgesagt, die Spieler verließen amMittwoch das Quartier. Löw, der Trainerstab, DFB-Präsident TheoZwanziger, Kapitän Michael Ballack und Teammanager Oliver Bierhoffreisten nach Hannover, um noch am Abend an einer Trauerandacht fürden achtmaligen Nationalspieler teilzunehmen.
Auch die Bundesliga reagierte geschockt. In Gedenken an Enkewerden die Mannschaften der Ersten und Zweiten Liga am 13. Spieltagmit Trauerflor auflaufen. Zudem gab die Deutsche Fußball Ligabekannt, dass es vor den 18 Partien am übernächsten Wochenende eineGedenkminute für den Profi geben wird. «Wir sind erschüttert über dentragischen Tod von Robert Enke. Er war ein herausragender Sportsmannund ein besonderer Mensch», sagte Ligapräsident Reinhard Rauball.
«Robert war ein fantastischer Torwart und Mannschaftskamerad, denich während der EM im vergangenen Jahr näher kennengelernt habe»,sagte Stuttgarts Torwart Jens Lehmann. Enkes ehemaliger 96-TrainerDieter Hecking würdigte seinen Mannschaftskapitän, er sei «ein tollerSportsmann, ein toller Mensch» gewesen. Der FC Bayern München zeigteseine Betroffenheit mit einer schwarzen Internetseite und demSchriftzug «Trauer um Robert Enke». Die Website von Hannover 96bestand nur aus der Trauerseite für den beliebten Spieler. Enke hattesich am Dienstag das Leben genommen. Er wurde 32 Jahre alt. Wie seinbehandelnder Arzt Valentin Markser und Teresa Enke am Mittwochmitteilten, litt der Keeper seit Jahren an Depressionen.
Sein früherer Verein FC Barcelona widmete seinen Sieg imspanischen Fußballpokal am Dienstagabend seinem ehemaligen Spieler.«Ich habe ihn persönlich kennengelernt. Er war ein hochgebildeter undkorrekter Junge», sagte Barça-Präsident Joan Laporta nach dem 5:0 derKatalanen über Cultural Leonesa im Pokalrückspiel. Enke hatte in derSaison 2002/2003 für Barça gespielt. Der spanische Meister undChampions-League-Sieger legte vor der Partie eine Schweigeminute fürEnke ein.
Auch in Chile, das am Samstag in Köln als Gegner des DFB-Teamseingeplant war, hat die Nachricht vom Suizid Bestürzung ausgelöst.«Das ist eine ganz traurige Situation, von der Deutschlands Fußballda heimgesucht wird. Wir fühlen mit der Familie», sagte VerteidigerPablo Contreras am Mittwoch von Leverkusen aus dem RadiosenderCaracol. Alle größeren Zeitungen des südamerikanischen Landesberichteten über den Tod des Deutschen. Selbst im Iran gehörte dieMeldung zu den Top-Nachrichten des Tages.
Der Selbstmord des deutschen NationaltorwartsRobert Enke hat auch im Mutterland des Fußballs Trauer ausgelöst. Diein London erscheinende Tageszeitung «The Times» widmete dem Tod Enkesam Mittwoch einen großen Artikel in ihrem Auslandsteil. Der «DailyTelegraph» und die «Daily Mail» vermeldeten den Tod des Torhüters aufihren Sportseiten. Auch die elektronischen Medien in Englandinformierten ihre Zuhörer und Zuschauer über den Tod und die Trauerin Deutschland.
Die TV-Nachrichtenkanäle von BBC und Sky News brachten Film-Beiträge, die Enke in Aktion bei einem Spiel von Hannover 96 und beimTraining der Nationalmannschaft zeigten. BBC ließ auch trauernde Fansin Hannover zu Wort kommen. Enkes Tod wurde zudem zur Primetime inden 7.00-Uhr-Nachrichten des BBC-Radios vermeldet.
Robert Enkes Tod hat auch seinen früheren TrainerJosé Mourinho geschockt. «Ich bin zutiefst betroffen» und «sehrgeschockt», sagte der Coach von Inter Mailand der portugiesischenNachrichtenagentur «Lusa» am Mittwoch. Enke war Torwart von BenficaLissabon, als der heutige Starcoach dort im Jahr 2000 seineProfitrainer-Laufbahn begann.
Mourinho blieb damals bei Benfica zwar nur drei Monate im Amt,erinnert sich aber heute nach eigenen Worten immer noch sehr gut anEnke. Er «war mein erster Torwart. Ich kann mich erinnern, dass ersich immer durch seine Ruhe, Sympathie, Höflichkeit undProfessionalismus ausgezeichnet hat», erzählte er.
Der Portugiese hob auch das «soziale Engagement» des Deutschenhervor. «Er hat in seinem Haus ein Refugium für ausgesetzte Hundegebaut». Mourinho würdigte Enke als einen «Mann, der in seinem Lebenund in seinem Beruf erfolgreich sein wollte. Umso mehr schockt michsein tragischer Tod. Möge er in Frieden Ruhen».