Profiboxen Profiboxen: Wladimir Klitschko siegt in der zehnten Runde
Las Vegas/dpa. - Die Experten von Max Schmeling bis Mike Tyson hat er überzeugt, in die Herzen der amerikanischen Fans hat sich Wladimir Klitschko jedoch noch nicht wie gewünscht geboxt - trotz des versprochenen Knockouts. In einem unspektakulären, aber von taktischer Cleverness und strategischem Können geprägten Duell verteidigte der Schwergewichts-Weltmeister aus dem Hamburger Universum Boxstall in der Nacht zum Sonntag im Mandalay Bay Casino von Las Vegas seinen WBO-Titel gegen den Amerikaner Jameel McCline durch technischen K.o. am Ende der zehnten Runde. Das Klitschko-Duo arbeitet damit weiter im Gleichschritt an der Verwirklichung des Familientraums, als erste Brüder gemeinsame Weltmeister in der «Königsklasse» zu sein. Witali kann das Vorhaben wahrwerden lassen, wenn er im Frühjahr den britischen WBC-Champion Lennox Lewis schlägt.
«Du hast mit hoher Ästhetik deinen Titel meisterlich verteidigt. Es war eine überzeugende, beeindruckende Leistung. Deinen Weg hast du damit in Amerika geebnet», telegrafierte Deutschlands einziger Schwergewichts-Champion Max Schmeling seinem Freund nach dem 37. K.o.-Sieg, den sich die 97 Jahre alte Box-Ikone am Sonntag in einer Aufzeichnung anschaute. Klitschkos Beweglichkeit und Schlagstärke, schwärmte Ex-Weltmeister George Foreman als Kommentator des Pay-TV- Senders HBO, habe er bislang noch bei keinem gesehen. «He's the man», betonte «Big George». Dem Widersprach zwar Mike Tyson, als einer der wenigen Prominenten am Ring. Der «Bad Boy» hatte einen Klitschko-K.o. in der 2. Runde prophezeit. Dennoch attestierte er dem Schützling von Meistertrainer Fritz Sdunek eine «souveräne Vorstellung» und ließ dem gebürtigen Ukrainer wissen: «Ich will dich».
Wer den promovierten Sportwissenschaftler (40 Siege/1 Niederlage), der für seine fünfte Titelverteidigung eine Börse von 975 000 Dollar plus einem Bonus in etwa der gleichen Höhe aus Deutschland kassierte, als nächster herausfordern darf, steht in den Sternen. Stattfinden soll der Kampf in Deutschland. Mehr wollte Promotor Klaus-Peter Kohl nicht preisgeben. Dem «kleinen» Klitschko ist das momentan auch egal. Mit seinem Bruder flog er nach durchfeierter Nacht am Sonntag nach New York, wo sie am Montag auf Einladung einer Tageszeitung das «Golden Glove Tournament» eröffnen, am Dienstag sich mit UNO- Generalsekretär Kofi Annan treffen und anschließend für fünf Tage nach Brasilien reisen, um als Unicef-Botschafter Geld zu sammeln, damit mehr Lehrer für heimatlose Kinder eingestellt werden können.
Auf den Trip kann sich Wladimir ohne Make up begeben. Sein Kampf hinterließ keine Spuren im Gesicht. «Big Time» McCline (28 Siege/3 Niederlagen/3 Unentschieden) wog zwar mit 119,5 Kilogramm 21 Pfund mehr und erweckte mit seinem Bodybuilding-Körper einen Furcht erregenden Eindruck. Wladimir ließ das kalt. Mit der stoischen Ruhe eines Schachspielers setzte «Dr. Steelhammer» vom ersten Gongschlag seinen Kampfplan risikolos um. Vor allem mit dem linken Jab zermürbte er den einstigen Straftäter und «ließ ihn den langsamen Tod sterben», meinte Sdunek. Bei den Punktrichtern gab er nur die zweite Runde ab.
Schon nach der dritten Runde habe sein Eleve zu ihm gesagt: «McCline ist müde und hat Angst, das dauert nicht mehr lange.» Der Adonis brauchte aber noch sieben Runden, ehe er den derzeit als stärksten US-Profi geltenden New Yorker mit zwei linken Haken, einer streifenden Rechten und einem rechten Aufwärtshaken mit dem Rundengong in den Ringstaub schickte. In der Pause entschloss sich Coach Jimmy Glenn aufzugeben, «damit Jameel nicht verletzt wird».
Der mit mehr als 1,1 Millionen Dollar entlohnte 1:5 Underdog indes beteuerte, dass dies gegen seinen Willen geschah. Zuvor tat der 32- Jährige, dessen im siebten Monat schwangere Ehefrau nach dem K.o. weinte, auch nichts für einen engagiertes, spannendes Faustkampf. Die 6580 Zuschauer in der nur zu zwei Dritteln gefüllten Arena fühlten sich phasenweise gelangweilt und quittierten das ab der siebten Runde mit Buhrufen und Pfiffen. «Ich habe Verständnis dafür», meinte der Champion bei seiner Analyse: «Doch beim Boxen braucht man Geduld. Es war nicht leicht, diesen Riesenkerl auszupowern. Ich habe getan, was ich tun musste. Stück für Stück habe ich den Job erledigt.»
Heute sei deutlich geworden, wie gut Wladimir aus dem verlorenen Kampf vor vier Jahren gegen Ross Puritty gelernt habe. «Er hat sich den Knockout perfekt erarbeitet», frohlockte Kohl, für den «Weihnachten bereits in den letzten zwei Wochen stattfand». Neben den K.o.-Siegen der Klitschkos sorgten in Las Vegas auch Weltergewichtler Steven Küchler und die Schwergewichtler Alexander Dimitrenko sowie Alexander Petkovic mit starken Auftritten für Furore.