Potsdamer «Marksteine» Potsdamer «Marksteine»: Der rote Adler, er fliege hoch!
Potsdam/MZ. - Also wird wuchtig mit dem Gestern gepunktet.Und in der Tat, wohl keine märkische Schubladeblieb ungeöffnet, kein Kreismuseum oder Kirchleinunbehelligt, um dieser Schau die Fülle zuleihen. Eine Sammelarbeit von heimatkundlicherLangmut wartet auf. Das fordert Steh- undSehvermögen: Die erste Station verhandeltdie Besiedlung der Mark durch slawische Stämmeim 6. und 7. Jahrhundert, die "idealisierteRekonstruktion" einer Slawenburg hängt daan der Wand, ein grauer "Pokal mit Kammstrichverzierung",ach ja.
Dies ist eine Landesausstellung!, hallt dennauch die Rechtfertigung des Konzeptes zwischenden Vitrinen. Aber wer hat denn festgelegt,dass einer Region, die sich doch selbst kaumein historisches Rätsel ist, stets bis zurUr-Scholle zurück heimgeleuchtet werden muss?
Auch in Potsdam wäre weniger mehr gewesen.Hier aber setzt man exakt auf das umgekehrteKonzept. Alles zeigen, was nur halbwegs greifbarist, in Original-Schaustücken immerhin. Sogeht es quer durch die Zeiten: Kriege, Herrscherund Soldaten, Landadel, Künste und letzteKatastrophen. Allein im letzten Saal werden,hoppla hopp, 200Jahre auf einen Streich absolviert.Da reichte wohl der Platz nicht mehr in allder Schaugutstapelei. So müssen denn die Zeugnisseromantischer Malkunst in unmittelbarer Nachbarschaftzu den 20er-Jahre-Dämpfglocken für Filzhütegrüßen. So ein Auflauf atmet mehr Potsdamals Preußen.
Und doch lohnt es sich, aufmerksam durch dasHistorienwarenlager zu schlendern. Denn unterdem sehr Vielen, das präsentiert wird, findetsich Vieles von erstaunlichem Schau- und Erkenntniswert.Ein Minibühnenmodell des Heiligen Grabes von1751, Alltagsdinge aus den nach Westen versprengtenNachlässen des märkischen Landadels, ein anrührenderAusflugsreport über Potsdam, den 1936 dieschon bald gejagten Schüler des JüdischenKinder- und Landschulheimes Caputh fertigten.Preußen-Geschichten, noch ohne Abspann.
Wie die Sprengung der Garnisonskirche im Jahr1968. Der Fall ist festgehalten in einem Sprengmeister-Lehrfilm.In den Staub gesprochen der Kommentar: "Hinterhererschien und das allen wie ein letzter Schlußstrichunter ein nicht allzu rühmliches Kapitel deutscherGeschichte." Dieser Schein war nicht schön -und trog trotzdem.
Bis 11. Nov. tägl. 10-19 Uhr; Katalog,528 S., 39,80 Mark.