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«Paraworld» «Paraworld»: Spielspaß in der Urzeit

Von Ekkehart Eichler 03.11.2006, 21:09

Halle/MZ. - Willkommen zur finalen Schlacht. Wer so weit kommt, hat, wenn er dieses Spiel ohne Pause durchzieht, Minimum 24 Stunden Action hinter sich und dabei 15 Schwierigkeitsgrade (Levels) gemeistert. Bald wird sich entscheiden, wer dieses Fantasie-Reich als Sieger verlässt. "Paraworld" heißt es und soll weltweit das Non-Plus-Ultra so genannter Echtzeit-Strategiespiele werden. Das hoffen seine Macher vom Spieleentwicklungskombinat SEK aus Berlin-Kreuzberg. "Wir wollten sowohl in puncto Story als auch beim Design neue Maßstäbe setzen", erklärt SEK-Geschäftsführer und Design-Direktor Thomas Langhanki. "Unser Ziel war, ein komplexes, aber dennoch relativ leicht bedienbares Spiel zu erschaffen."

Mit acht Millionen Euro Produktionskosten ist "Paraworld" das teuerste je in Deutschland produzierte Computer-Strategiespiel. Vier Jahre lang haben die SEK-Entwickler an "Paraworld" getüftelt. "Jedes neue Computerspiel muss zunächst mal eine gute Geschichte liefern", sagt Langhanki, ein Absolvent der Filmhochschule Potsdam-Babelsberg. Allein am 320 Seiten starken Drehbuch schrieben mehrere Autoren anderthalb Jahre.

Parallel dazu begannen Programmierer, Graphiker und Designer - insgesamt 30 Mitarbeiter - mit der Entwicklung der Spielwelten und -figuren. Etwa 4 000 Objekte schufen 3D-Graphiker Paul Janssen und sechs Kollegen: Häuser, Bäume, Pflanzen, Menschen und Tiere. Am Beispiel eines Allosaurus zeigt Janssen, wie so ein Dinosaurier am Rechner entsteht. Ob Kopf, Körper, Beine, Krallen - alles fängt mit einzelnen "Polygonen" an. Das sind ebene Drei-, Vier- oder Vielecke. Aus ihnen errechnet die Software "Claytools" den dreidimensionalen Saurier-Korpus. Aus bis zu 3 000 solcher Bausteine besteht eine Figur. Je detaillierter ein Körperteil ausgeführt werden soll, desto mehr Polygone sind nötig - bei Dinos kommt es vor allem auf den Kopf mit dem Rachen und der Augenpartie an.

Danach verpasst Janssen dem Saurier seine Oberflächenstruktur, also die Haut. Dazu benutzt er ein Instrument, das aussieht wie ein in alle Richtungen schwenkbarer Stift. Damit kann er jeden gewünschten Effekt am Bildschirm-Dino dreidimensional malen: Dellen und Runzeln, Narben und Wülste. In der anschließenden "Texturierung" überzieht Janssen die graue Hülle des Sauriers mit Farbe.

Zwei Tischreihen weiter haucht 3D-Animator Marco Röth dem Saurier-Modell Leben ein. Mit einem Spezialprogramm montiert er dem Dino ein anatomisch korrektes, aber vereinfachtes Skelett unter Hülle und Haut. "So können wir sie zu etwa 20 verschiedenen Bewegungsabläufen animieren", erklärt Röth. Sind Handlungsabläufe und Bewegungen zu komplex für eine Programmierung, etwa bei den Kampfszenen, dann müssen echte Schauspieler ran. Diese tragen Spezialanzüge, an denen Messpunkte angebracht sind.

Die Szenen werden im Studio mit einer Kamera aufgezeichnet, vom Rechner ausgewertet und anhand der Messpunkte in die Bewegungen der Computerspielfiguren übersetzt - auf diese Weise wirken alle Handlungen im Spiel letztlich realistisch.

Völlig neu entwickelt wurde auch das technologische Herz des Spiels: die PEST-Engine. Die künstliche Intelligenz, allgemeine Spiellogik, Grafik, Benutzeroberfläche und Menüs - alles das steckt in diesem Programmkonstrukt, das es dem Spieler erst erlaubt, in die detailreiche Graphik einzutauchen, so dass er seinen Wege durch die virtuelle Welt finden kann. Die Programmiererin Jasmin Kassner ist dafür zuständig, dass "Paraworld" auch angemessen auf Handlungen des Spielers reagiert. "Letztlich geht es darum, so viele Spielkombinationen zu generieren, dass der User die Handlungen des Computers nicht mehr vorhersehen oder berechnen kann." Weniger abstrakt geht es bei Level-Designerin Claudia Krüger zu. Verantwortlich für die Gestaltung der visuellen Spielfelder, erschafft sie zunächst in zwei bis drei Wochen eine Landschaft, formt das Terrain, überzieht dieses mit Strukturen und Farben, platziert Objekte wie Bäume, Büsche, Felsen, Häuser. Im so genannten Skripting definiert sie dann u. a. - wieder mit einem Spezialprogramm -, was genau einem Spieler auf dem jeweiligen Schwierigkeitsgrad abverlangt werden soll. "Wir bauen die Welt zusammen und legen fest, was an jeder Stelle wie funktioniert." Eine Arbeit, die pro Level etwa zwei Monate in Anspruch nimmt. Am Ende folgt die Probe aufs Exempel: Umfangreiche Szenarios werden durchgespielt. Etwa zwei Tage lang prüfen beispielsweise die 20 Mitarbeiter der hauseigenen Testabteilung jedes der 15 Level auf Herz und Nieren. Nun endlich hat der Kunde das Wort.