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Nationaltrainer Deutschland/Schottland Nationaltrainer Deutschland/Schottland: Rudi und Berti ohne Wort-Duell

Von Jens Mende und Oliver Hartmann 04.06.2003, 14:55

Wolfsburg/Glasgow/dpa. - Wenn sie übereinander reden oder von gemeinsamen Erlebnissen erzählen, schwingt immer ein gehörige Portion Respekt mit. Rudi Völler und Berti Vogts sind zwar am Samstag Gegner, doch von einem Privat-Duell oder gar einer Abrechnung wollen beide nichts wissen. Sowohl der deutschen Teamchef als auch der schottische Nationalcoach geben sich in den Tagen vor dem brisanten Fußball-Gipfel am Samstag in Glasgow alle Mühe, ihre gegenseitige Wertschätzung zu unterstreichen. Und - was eigentlich schwer zu glauben ist - in Rudi steckt auch ein bisschen Berti.

Auch wenn Völler seit Monaten keinen direkten Kontakt zu seinem einstigen Trainer mehr hatte, versicherte er: «Unser Verhältnis ist gut, daran werden auch die beiden Qualifikationsspiele nichts ändern.» Vogts drückt es noch deutlicher aus: «Völler und ich werden es nie zu einem Duell kommen lassen. Es gibt keinen Krieg.» 22 Jahre hat Berti Vogts für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) gearbeitet, einen Großteil der Strecke ist er gemeinsam mit dem Spieler Völler gegangen. «Wenn man 15 Jahre einen Trainer hat, und der sitzt dann auf der anderen Seite auf der Bank, dann ist das schon etwas Besonderes», beschrieb der aktuelle DFB-Teamchef seine Gefühle.

Schon als Junior wurde Völler mit von Vogts geformt. Unter Beckenbauer-Assistent Vogts wurde «Ruuuudi» 1990 Weltmeister - sein größter Triumph. Und als der «Terrier» danach Bundestrainer wurde, setzte er weiter auf Stürmer Völler in insgesamt 22 Spielen. Bei der EM 1992 in Schweden zogen beide ins Finale, für die WM 1994 überredete der damalige Bundestrainer seine «Tante Käthe» sogar zu einem Comeback. Für Völler ist es logisch, dass nun das Aufeinandertreffen mit besonderen Aufmerksamkeit verfolgt wird: «Das ist ganz normal. Aber ich glaube nicht, dass dies entscheidend ist. Ein bisschen Geplänkel gehört dazu, das sollte man nicht auf die Goldwaage legen.»

Vogts (96 Länderspiele) und Völler (90) gelten als Vertreter zweier erfolgreicher Spieler-Generationen. Der jetzt 56-jährige Wahl-Schotte prägte die 70er Jahre, krönte seine Karriere mit dem WM-Titel 1974. Völler erarbeitete sich in den 80er und 90er Jahren seinen Status als «Rudi nationale», der ihm jetzt als 43-Jährigen weiter hilft. Größter Unterschied ist wohl die Wirkung in der Öffentlichkeit: Hier der «Beißer» Vogts, der «trotz seiner professionellen Detailversessenheit von den Fans nie so vorbehaltslos ins Herz geschlossen wurde wie in all den Jahren als Profi», wie sogar der DFB auf seiner offiziellen Homepage festhielt. Dort der Liebling Rudi, dem das Fußball-Volk nicht einmal «Grottenspiele» wie jüngst gegen Litauen oder die Färöer nachträgt.

Doch vieles haben der einstige und der aktuelle Chef der deutschen Nationalelf auch gemeinsam: Erfolgsbesessenheit, Disziplin und Ordnungsliebe sind für sie grundlegende Voraussetzungen. Und doch pflegen sie einen gänzlich unterschiedlichen Führungsstil: Während Vogts bei seinen Spielern auch das letzte Detail reglementieren wollte, setzt Völler vor allem auf Eigenverantwortung - und das kommt weitaus besser an.

Am Spielfeldrand wird Vogts die größere Fußball-Kompetenz attestiert, Völler kompensiert dies durch den Instinkt, der ihn schon als Stürmer ausgezeichnet hat. So wählt er nicht selten eine Aufstellung, die sich nicht als ideal erweist - ist jedoch (nicht zuletzt auch dank Assistent Michael Skibbe) in der Lage, dies noch während des Spiels zu korrigieren. Bei Vogts war es häufig anders herum: Meist war die deutsche Elf unter ihm richtig ein- und aufgestellt, mit seinen Ein- und Auswechslungen aber lag er seltener goldrichtig. Bleibt es Samstag so, müsste der Sieger Völler heißen.