Mit Boot «Undine» das erste Training
Halle/MZ. - Der Bandwurm-Name wird der langen Geschichte gerecht, die er verkörpert: "Hallesche Rudervereinigung Böllberg von 1884 und Nelson von 1874 e.V. im Sportverein Halle e.V.". Unter diesem Dach haben sich vor vergleichsweise bescheidenen elf Jahren die beiden traditionsreichsten Rudervereine der Stadt zusammen getan. Da bekanntlich nicht alles zwei Mal erfunden werden muss, läutet der Verein seinen Festakt zum 130-jährigen Ruderjubiläum in Halle am Sonnabend um 14 Uhr im Stadthaus am Markt mit einer Bootstaufe in Anlehnung an ein Ereignis des Jahres 1883 ein. Wenn es auch kaum so urig verlaufen mag wie an jenem 5. Mai, als das erste wettkampftaugliche Boot in der Stadt auf den Namen "Undine" getauft wurde.
Als am 13. Oktober 1874 junge Leute den Ruderclub Nelson gründeten und Paul Moewes zu ihrem ersten Vorsitzenden wählten, war an ein Sportgerät, das halbwegs den Namen Ruderboot verdiente, noch nicht zu denken. Geübt wurde in schweren Mietsjollen, die man bei Bootsvermieter Knothe ausleihen konnte. Die "Nelsonen" gewannen 1881 auch das erste Ruderrennen auf der Saale - zwischen dem Gimritzer Wehr und dem "Saaleschlösschen" - gegen die gerade entstandenen Clubs "Neptun" und "Trafalgar" und erhielten als Siegespreis eine Bierkanne.
Der Wunsch nach einem eigenen Ruderboot erfüllte sich für Nelson am 23. März 1883, als das auf der Werft Heidtmann in Hamburg gebaute Halbausleger-Vierer-Gigboot am halleschen Bahnhof eintraf. Im Triumphzug wurde das kostbare Stück mit einem Pferdewagen und teilweise getragen zum "Saaleschlösschen" befördert. Dieses einige Wochen später auf den Namen "Undine" getaufte Boot ließ erstmals ein für die damalige Zeit vorzügliches Training auf der Saale zu.
Mit dem "Halleschen Ruderverein von 1884" - 1915 in den Verein "Böllberg" umbenannt - wurde am 5. Juli 1884 von Kaufmannslehrlingen der vierte bedeutende Ruderverein in der Stadt gegründet. Da Geselligkeit unter den Wassersportlern groß geschrieben wurde, mussten dafür auch Vereinshäuser her. Die "Nelsonen" bauten ihres 1896 auf der Peißnitz, das der sich rasant entwickelnden "Böllberger" entstand ab 1914 an der Rabeninsel und ist auch heute noch die Heimstatt der halleschen Ruderer.
All die Geschichten und Geschichtchen um die Vergangenheit des Ruderns in der Saalestadt werden auch am Samstagabend auf dem Ball im Böllberger Vereinshaus aufleben und natürlich die großen Wettkampf-Erfolge der Neuzeit, besonders in den zurückliegenden drei Jahrzehnten. Wolfgang Hönig holte 1974 in Luzern im Einer den ersten Weltmeistertitel nach Halle, Rüdiger Reiche war zwei Jahre darauf in Montreal im Doppelvierer der erste Olympiasieger. Olympisches Gold ging später auch an Uwe Heppner, Thomas Lange, Roland Schröder, Andreas Hajek und Jana Thieme. Im Elitebereich erkämpften außer den genannten weitere sechs Athleten etliche Weltmeistertitel: Jürgen Pfeiffer, Gerd Uebeler, Olaf Beyer, Carl Ertel, Ulf Sauerbrey und Christian Schreiber.
130 Jahre "Nelsonen" und 120 Jahre "Böllberger" macht zusammen gleich 250 Jahre Rudersport in Halle. Da gibt es am Sonnabend viel zu erzählen und ausgiebig zu feiern.