Mecklenburg-Vorpommern Mecklenburg-Vorpommern: Ferien wie im Märchen
Halle/MZ. - Für die aus Ostfriesland nach Mecklenburg gekommene Familie Bongardt waren die Fernsehleute ein Sanierungs-Glücksfall. Sie kauften alte Möbel zusammen, die sie dem Landwirte-Ehepaar günstig überließen.
Wer die weite, sanft gewellte Landschaft zwischen Ostseeküste und Mecklenburgischer Seenplatte durchstreift, wundert sich immer wieder über die vielen alten Landsitze. Nirgendwo in Europa ist die Dichte an Schlössern, Guts- und Herrenhäusern größer. Viele sind heute Hotels oder bieten Ferienwohnungen an, vor allem in der Mecklenburgischen Schweiz um Teterow und Malchin. Etwa 2 000 gibt es im Lande, 1 080 stehen unter Denkmalschutz. 40 Prozent davon sind durchsaniert, 260 werden touristisch genutzt, bieten mit 3 800 Ferienbetten vier Prozent aller Gästequartiere des Landes.
Warum tut man sich das an, ein marodes Haus teuer zu sanieren? Wer ein paar Schlösser oder Gutshäuser besucht, lernt die unterschiedlichsten Gründe dafür kennen. Mancher neue Besitzer wollte eigentlich nur günstig zu einem Ferienhaus kommen - und verliebte sich auf der Suche ausgerechnet in ein kaputtes Märchenschloss. Alfred Rüßel ist ein klassisches Beispiel für den Seiteneinsteiger-Schlossherrn. Als der Bauingenieur Schloss Schorssow gekauft hatte, gratulierte ihm ein Gutachter zum "größten Schwammvorkommen in Mecklenburg". Dennoch machten der Bauingenieur und seine aus einer Hoteliersfamilie stammende Ehefrau unverdrossen weiter. Heute ist der klassizistische Dreiflügelbau eine der Kronjuwelen unter den rund 60 Schlosshotels in Mecklenburg-Vorpommern. Und Rüßel hat inzwischen sogar Schloss Teschow zum Golfhotel aufgemöbelt und plant ein weiteres Schlossprojekt für Familien mit Kindern. "Eine Portion Irrsinn gehört schon dazu - oder sagen wir besser Herzblut", meint Rüßel.
An seinem zweiten Sanierungsfall arbeitet Helmuth Freiherr von Maltzahn. Er gehört zur Riege der Heimkehrer aus Familiensinn. Maltzahn kaufte das im 16. Jahrhundert erbaute Wasserschloss Ulrichshusen, weil es "das älteste Haus unserer Familie ist". Ulrichs-husen ist inzwischen unter anderem das Herzstück der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern. Legendär ist das erste Konzert des Geigenvirtuosen Menuhin in der Riesenscheune, die damals noch aussah, als könnte sie bei zuviel Beifall einstürzen. Inzwischen hat von Maltzahn auch den Kuhstall von Schloss Gützkow zum Konzertsaal umfunktioniert und steckt mitten in der Schlosssanierung.
Selbst Schlossherr sein, aber auch Ferienwohnungen vermieten und verkaufen, das ist die Methode des Bankiers Stephan Beneking, das 1893 erbaute Schloss Katelbogen schrittweise zu restaurieren. In der Geschichte spielte es 1920 kurz eine Rolle als strategisches Quartier während des Kapp-Putsches.
Um die Esskultur geht es dagegen Michael Laumen, einem der Spitzenköche des Landes. Als "schlimme Ruine" übernahm er das Kloster Rühn, will darin ein Hotel mit klösterlichem Ambiente einrichten. Nach alten Kloster-Kochbüchern arbeitet er bereits im Restaurant. Im Klosterladen gibt es aus eigener Öl- und Senfmühle Spezialitäten wie Weizengrasöl, Wildkräutersenf und dazu pechschwarze, ohne Sauerteig gebackene Brote.
Deftiges vom Grill setzt dagegen Nils Werner im Gutshaus Siedenbüssow seinen Gästen vor. Der Motorrad-Freak fand eine besondere Marktlücke. Sein Biker-Hotel steuern inzwischen sogar Harley-Besitzer aus Skandinavien an. Warum er tollkühn unter die Gutshausbesitzer ging? "Ich wollte was aus meinem Hobby machen: Whisky und Motorradfahren", lacht Werner. Seinen Bikern empfiehlt er u.a. Abstecher zum Schloss Schorssow - wegen des Tortenbuffets.