Leichtathletik Leichtathletik: Vater und Tochter werfen Speere in den Himmel
Köthen/MZ. - Mit ihm hat Murawa1985 exakt 89,86 Meter weit geworfen. Damit gehörte er damals zu den zehn besten Speerwerfern der Welt.
19-jährige Pause
Den ewigen Weltrekord mit dem "alten" Speer, der einen anderen Schwerpunkt besitzt als die ab 1986 verwendeten Geräte, hält der Potsdamer ASK-Sportler Uwe Hohn. Am Olympischen Tag 1984 warf Hohn damit 104,80 Meter weit. Mit ein Grund dafür, warum dem Speer der Schwerpunkt so versetzt wurde, dass er während des Fluges früher abknickt. Eine Speerwurfbahn ist nur 110 Meter lang und das Verletzen von Zuschauern wollte niemand riskieren.
Inzwischen ist einige Zeit vergangen. Murawa und sein Speer haben sich zwar nie endgültig getrennt, aber doch eine 19-jährige Pause eingelegt. "Im Alter packt einen der Ehrgeiz" begründet der mit 42 Jahren keineswegs betagte Sportler seine Entscheidung, es noch einmal zu "probieren". Auf Anhieb legte der Werfer, der sich zwischenzeitlich mit Volleyball (in der Landesliga), Krafttraining und Fußball in Form hielt, beachtliche 54 Meter hin. Aus dem Stand sozusagen.
Das hat Klaus-Jörg Murawa Auftrieb gegeben. Für den Freizeitsportverein Köthen, dem der Leichtathlet seit zwei Jahren angehört, holte er in der Altersklasse 40m mit 54,33 m den Bezirksmeistertitel im Speerwerfen. In Kürze soll es nun zur Europameisterschaft der Senioren gehen. Sie findet vom 22. bis zum 29. Juli in Posen in Polen statt. Gemeinsam mit dem Geher Volkmar Stary wird Murawa den FSV dort vertreten.
Für die EM hat Murawa eine Weite von "um die 60 Meter" angepeilt. Ohne sagen zu können, wie hoch die Trauben bei der Meisterschaft hängen werden. Der "Rückkehrer" weiß nur eines: "Ich möchte in Polen erfolgreich sein und an die Spitze kommen". "Wie stehe ich in Europa?" Das ist die Frage, die ihm die EM beantworten soll. Dann wäre schon im nächsten Jahr eine WM-Teilnahme für den FSV Köthen gut möglich. Was braucht der Mensch, um einen Speer weit werfen zu können? Murawa nennt als erstes Schnellkraft. Im Sprint über 30 Meter müsse man schon gut sein. Auch die Wurftechnik spiele eine wesentliche Rolle. Der Speerwerfer, findet der Experte in dieser Disziplin, müsse athletisch von allem ein bisschen mitbringen.
Was sagen die Arme?
Im Fitness-Studio in Bernburg, in dem er regelmäßig trainiert, ging es anfangs erst einmal um die Frage: "Welche Muskeln leben noch?" Was sagen die Arme? Wie reagiert der Rücken?
Als ehemaliger aktiver Mehrkämpfer weiß Murawa, worüber er redet. Allerdings hat er sich bereits sehr zeitig entschieden, den Mehrkampf auf das Speerwerfen zu reduzieren. "So viele Disziplinen für eine einzige Medaille, das fand ich irgendwie zu viel an Aufwand" schmunzelt er. So sei er beim Speer "hängen geblieben", sieht hier auch sein Talent angesiedelt.
Seine sportliche Laufbahn hat für den gebürtigen Hallenser, der sehr lange in Erfurt lebte, schon früh begonnen. Er besuchte die Sportschule, studierte später an der DHfK, startete für den SC Turbine Erfurt bei Wettkämpfen und war Mitglied der DDR-Nationalmannschaft. Bei der Junioren-Europameisterschaft 1983 belegte Murawa den dritten Platz. Nur für die Teilnahme an einer Olympiade hatte es nicht geklappt. 1984, in Los Angeles, war Murawa "noch nicht soweit". Außerdem wurden die Spiele von der DDR boykottiert.
1988, in Seoul, war es dann "bereits zu spät". Er brach das Olympiatraining in der Vorbereitungsphase ab. Mit der Wende begann für Klaus Murawa beruflich eine Neuorientierung. Er sah sich im kaufmännischen Bereich um, ist heute Kaufmann im Einzelhandel und betreut, neben einigen anderen, die Tchibo- Filialen in Köthen und Bernburg.
Sportlich ist Tochter Isabell in die Fußspuren des Vaters getreten. Die 16-Jährige ist Landesmeisterin in ihrer Altersklasse im Speerwerfen mit 44,33 m. "Sie hat einfach Spaß daran gefunden", freut sich Murawa. In puncto Ehrgeiz steht Isabell ihrem Vati keineswegs nach: im nächsten Jahr möchte sie bei der Junioren-Weltmeisterschaft der Leichtathleten im tschechischen Ostrava dabei sein.
Vater und Tochter nutzen zum Training die Wurfanlage der Halleschen Leichtathletikfreunde in Kröllwitz, wo sich das Bundestrainingszentrum und der Olympiastützpunkt für die deutschen Sperrwerfer befindet. Murawas 11-jähriger Sohn René hat übrigens auch schon am Speer "geschnuppert", fußballert aber doch lieber weiter beim TuS Bebitz im Mittelfeld oder steht im Tor.