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Leichtathletik Leichtathletik: Ein Hobby-Marathonmann rennt sogar bei der WM

Von RÜDIGER FRITZ 01.07.2009, 18:48

HALLE/MZ. - Und konsequent danach zu leben. Wenn das auch dazu geführt hat, dass er sich als Hobby-Marathonläufer mit einem Wochenpensum von bis zu 270 Kilometern hin und wieder übernommen hat, ganz nach dem selbst gewählten Motto "jeder Kilometer zählt, egal, ob du die letzten auf allen Vieren hinter dich bringst".

Erstaunlich weit hat es der 25-jährige Schwabe damit gebracht. Im vorigen Jahr noch als Freizeitläufer eingestuft, wird Tobias Sauter bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft im August in Berlin die Marathondistanz über 42,195 Kilometer rennen. Inzwischen unter professioneller Anleitung des zweifachen Marathonlauf-Olympiasiegers Waldemar Cierpinski aus Halle, der - so unglaublich das klingt - der erste richtige Trainer von Sauter ist. Er wechselte in die Laufgruppe von Cierpinski-Sohn Falk zur SG Spergau im Saalekreis.

"Tobias erhöhte die Qualität des Trainings. Das versetzt ihn in die Lage, den Marathon mit all seinen Facetten besser kennen zu lernen", meint der Coach. Einen Vorgeschmack dessen hat der aus Leonberg bei Stuttgart stammende Läufer schon in den ersten Lehrmonaten bei der Marathon-Koryphäe erhalten. Trainingslager in Spanien (Januar), Kenia (März) und St. Moritz (Juni) haben bei Sauter die Erkenntnis reifen lassen, "dass Waldemar Cierpinski genau der richtige Trainer für mich ist. Ich vertraue voll seinen Methoden. So etwas habe ich vorher nicht gekannt".

Nun folgen ab kommenden Sonnabend drei Trainingswochen in St. Moritz in einer Höhe von 1 800 Metern mit den drei deutschen WM-Startern Martin Beckmann, Falk Cierpinski und Tobias Sauter. "Ich bin darauf vorbereitet, dort durch die Hölle zu gehen", sagt Sauter. "Um bei der WM bestehen zu können, müssen in St. Moritz von den Athleten Belastungen im Grenzbereich bei Läufen bis zu 40 Kilometern abgefordert werden, um Wettkampfhärte zu erlangen", erklärt der Trainer.

Vielleicht kommt dem Sportmanagement-Studenten Tobias Sauter dabei seine Unbekümmertheit zugute. So, wie er zum Laufen gelangt ist, als übergewichtiger Junge im Alter von 14 Jahren. Da hatte er sich für einen 5 000-Meter-Lauf entschieden. Mit dem Ergebnis, dass er sich übernahm und Pausen einlegen musste. Das stachelte ihn an. Sein nächster Lauf sollte gleich über die Marathondistanz gehen. Doch sämtliche Veranstalter verweigerten dies dem 15-Jährigen.

Im Jahr darauf durfte er aber beim Frankfurt-Marathon mitmachen und bewältigte diesen erstaunlich schnell in 3:16 Stunden. Er fing Feuer, rannte die Strecke als 17-Jähriger schon in 2:52 Stunden. "In jedem meiner etwa späteren zehn ernsthaften Rennen habe ich mich verbessert", erzählt Tobias Sauter. Auf ihn, der sich Trainingspläne im Internet suchte, wurden die Experten wie Waldemar Cierpinski im Herbst 2008 aufmerksam, als der Amateur den Marathon in Essen in 2:18:24 Stunden gewann. In diesem Frühjahr verbesserte er sich in Duisburg auf 2:17:27 Stunden, was ihm die WM-Nominierung einbrachte.

Falk Cierpinski, 2008 mit 2:13:30 Stunden der schnellste deutsche Marathonläufer, bescheinigt Tobias Sauter, keine Angst vor der Geschwindigkeit zu kennen. "Wir unterstützen ihn und Tobias hilft uns im Training." Sauter spürt, wie seine Besessenheit in die richtigen Bahnen gelenkt wird. Frei nach Hermann Hesse sagt er: "Es ist irre schön, vielleicht einmal den Marathon so schnell zu rennen, wie ich mir das jetzt noch nicht vorstellen kann."