Landung war nicht mehr möglich
Zerbst/MZ. - Hier standen ihnen die fast fertiggestellte Start- und Landebahn und ein Teil der betonierten Dobritzer Straße zur Verfügung.
Die I. Gruppe des KG (J) 54 sollte von Zerbst aus in einem im Großraum Berlin geplanten Strahljägerschwerpunkt eingesetzt werden. Doch an jenem 10. April 1945 griff die 8. US Air Force mit 75 B-17-Bombern den Flugplatz Zerbst an. Die 3. Bomberdivision belegte das Gelände um die Abstellplätze und die Start- und Landebahn mit 222 Tonnen Sprengbomben. Den Alliierten kam es vor allem darauf an, die in Zerbst stationierten letzten einsatzfähigen Verbände der strahlgetriebenen Me-262 zu zerschlagen. Zwischen dem 31. März und dem 7. April gingen den Deutschen sechs Maschinen dieses erst kurz vor Kriegsende in Dienst gestellten Typs verloren. Vom 20. März bis zum 4. April 1945 kamen auf dem Fliegerhorst Zerbst zwölf neue Me-262 A 1 an. Wo sie gefertigt worden waren, lässt sich nicht feststellen, da die Montage an mehreren Orten erfolgte. Fest steht dagegen, dass Maschinen aus der anlaufenden Produktion der "Reimahg" Kahla nach Zerbst überführt und neben anderen Einheiten auch an das KG(J) 54 übergeben wurden. Im Dezember 1944 wurden in den 15 Produktionsbereichen für die Me-262-Produktion vor allem in Großeutersdorf und Kahla 15 000 Männer, Frauen und Jugendliche aus zehn Nationen eingesetzt. Sie waren Zwangsarbeiter, KZ-Häftlinge oder Kriegsgefangene. Bis Kriegsende verließen 22 bis 27 Me-262 die unterirdische Fertigungsstätte im Walpersberg.
Nachdem der Fliegerhorst Quedlinburg als sogenannte Einfliegerei ausgefallen war, wurde der Flugplatz Zerbst der Reimahg (benannt nach Reichsmarschall Hermann Göring) als "Stelle 13-Einfliegerei" zugeordnet. Zum Personal gehörten neben Spezialisten der Flugzeugwerke AGO Oschersleben, den Überführungs-Piloten sowie von ursprünglich in Berlin-Tempelhof stationierten Angehörigen des Flugzeug-Überführungsgeschwaders 1 auch mehrere Belgier.
Der Angriff auf den Fliegerhorst Zerbst am 10. April 1945 war bei weitem nicht der erste. Bereits am 29. Juni 1944 griffen um 9.31 Uhr acht B-24 Bomber der 2. Bomberdivision mit einigem Erfolg an. Eine Reihe von Angriffen durch amerikanische Jagdbomber folgten im April 1945, der letzte am 16. April 1945 im Zusammenhang mit der Bombardierung der Stadt Zerbst. Keiner dieser Angriffe erzielte allerdings eine solche Wirkung wie der vom 10. April 1945. Dieser brachte das endgültige Aus für den Einsatz der Me-262 vom Platz Zerbst. Auch die Überführungen von Flugzeugen der Reimahg Kahla und des Flugzeugwerkes Oschersleben (Flugzeugtyp Fw-190) mussten eingestellt werden.
Toni Haderer ist Autor des Buches "Der Militärflugplatz Zerbst", ISBN 3-9807104-5-9. Luftwaffen-Experte Patrick Brion, Brüssel, hält am Mittwoch, 26. April, um 19 Uhr im Francisceum in Zerbst, Weinberg 1, einen Vortrag zur Produktion des Strahlflugzeuges Me-262.