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Kinderhaus Kropstädt Kinderhaus Kropstädt: Neubeginn nicht ohne Schatten

08.06.2001, 17:12

Kropstädt/MZ. - Immerhin 92 Beschäftigte hatte das Heim, als 1991 mit der Abwicklung des staatlichen Gesundheitswesens und seiner Kureinrichtungen begonnen wurde. "Wir hofften auf eine Chance, wenigstens das Kinderheim weiter zu betreiben", so Frau Klingner. "Dafür aber mussten wir einen Träger finden." Von mehreren angeschriebenen in Frage kommenden Verbänden sei das Albert-Schweitzer-Familienwerk die einzige Rückmeldung gewesen. "In letzter Minute", wie Klingner erzählt.

Das Haus habe schon gänzlich vor der Auflösung gestanden, die Kinder wären dann auf andere Einrichtungen verteilt worden. Die Übernahme wurde im Sommer 1991 vollzogen. Es sollte noch ein Dreivierteljahr vergehen, bis die neue Struktur feststand. Das Personal ist bis auf 17 Beschäftigte reduziert worden. Das waren für Klingner die Schatten des ansonsten sehr hoffnungsvollen Neubeginns. Für die Kropstädter war es wiederum ein glücklicher Umstand, dass das Kinderheim im heutigen Gesundbrunnen in Reinsdorf aufgelöst wurde. Zu den Kleinkindern kamen ältere Schützlinge hinzu. "Mit elf Kindern haben wir dann angefangen und auch die Kinderkrippe für Kropstädt und Umgebung weiter betrieben." Als neuer Leiter kam der Diplom-Pädagoge Manfred Kirsch 1992 nach Kropstädt. "Das erste Jahr haben wir damit verbracht, das Haus umzukrempeln. Da gibt es wohl nichts, was nicht verändert wurde", berichtet er. Vier abgeschlossene Wohnbereiche wurden geschaffen, in denen sieben bis acht Kinder und Jugendliche mit je drei Betreuern in familienähnlichen Verhältnissen leben.

Für je zwei Wohnbereiche steht eine Wirtschaftskraft zur Verfügung. Die Kapazität von 31 Plätzen sei im Kinderhaus von Anfang an ausgelastet gewesen. Wie viele Kinder in den vergangenen zehn Jahren dort jedoch Fürsorge fanden, vermag Kirsch auf Anhieb nicht zu sagen, weil die Aufenthaltsdauer sehr verschieden ist. Es können Monate sein oder Jahre. Vier Jugendliche werden außerdem derzeit im Be treuten Wohnen auf ein selbstständiges Leben vorbereitet Die Unterbringung im Kinderhaus ist eine Hilfe zur Erziehung nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz. Das Jugendamt kann dies nur in den schlimmsten Fällen verfügen, so Kirsch. Ansonsten bleibe es immer die Entscheidung der Eltern, ob sie die Hilfe annehmen. "Und auch die Kinder selbst müssen es wollen", so der Leiter. Er sage jedem seiner Schützlinge beim Aufnahmegespräch, was von ihnen verlangt wird: Die Einhaltung eines Mindestmaßes an Normen und Regeln. Eine Hausordnung ist im Weddiner Weg 8 aber nicht ausgehängt. So etwas gebe es in normalen Haushalten ja wohl auch nicht. "Die Regeln werden im Alltag vermittelt, nicht anders als es in Familien gehandhabt wird."

Die Kinderkrippe hatte aufgrund der sinkenden Geburtenzahlen auf Dauer keinen Bestand. Statt dessen richtete das Schweitzer-Familienwerk in dem Gebäude eine Tagesgruppe mit neun Plätzen ein, ebenfalls eine Form der Erziehungshilfe, wobei die Kinder am Abend wieder in ihre Familien zurück gehen. Eine zweite Tagesgruppe des Kinderhauses gibt es seit 1996 in Plossig (Altkreis Jessen).