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Kinderfachtagung Kinderfachtagung: «Gewalt an Schulen, das ist die Realität

Von Sylke Kaufhold 04.05.2001, 14:42

Dessau/MZ. - Traumfamilien gibt es im richtigen Leben kaum. Zu dieser Erkenntnis kamen Sina Brückner, Stefanie Jänicke und Anne-Katrin Bienert gestern nach der Teilnahme an der Kinderfachtagung "Gewaltfrei erziehen" im Jugendklub Zoberberg. Die Traumfamilie war Thema eines von vier Workshops, bei denen sich die Kinder und Jugendlichen mit unterschiedlichsten Dingen rund um das Tagungsthema beschäftigten.

"Wir haben erst mal mitbekommen, was eine Traumfamilie überhaupt ist, welche Eigenschaften dazu gehören, nämlich Vertrauen, Zuneigung, Toleranz", fasst Stefanie Jänicke, Schülerin der Sekundarschule am Zoberberg den Workshop zusammen. "Und wir wissen, dass es auf materielle Dinge überhaupt nicht ankommt", ergänzt Anne-Katrin Bienert, die in die Sekundarschule Kreuzberge geht. Madeleine Naus aus der Sekundarschule Mariannenstraße hatte sich für den Workshop "Opfer - was dann?" entschieden.

"Ich kenne Gewalt aus der Klasse und wollte mal sehen, was man dagegen machen kann", begründet sie ihre Wahl. Mandy Hammermann aus Kleinkühnau erzählt, dass es bei ihr unheimlich viel Mobbing, besonders wegen materiellen Dingen, gibt. Sie fand es sehr aufschlussreich zu hören, was man tun kann, wenn man Zeuge ist oder wie man sich selbst als Opfer wehren kann. Maria Balthasar möchte künftig versuchen mehr einzuschreiten, wenn sich irgendwo welche streiten oder prügeln.

"Gewalt an Schulen, das ist die Realität", stellt Klaus Birr fest. Er fand die Tagung informativ und interessant, einmal Gedanken dazu austauschen zu können. "Dass sich aber etwas ändert dadurch, das glaube ich nicht. Das dauert noch Jahre. Deshalb sollte so etwas auf jeden Fall weiter gemacht werden." Friedemann Elze aus der Sekundarschule Kühnau beschäftigte sich in seiner Gruppe mit der Frage, Strafen oder Grenzen setzen?

Ein Klaps von den Eltern sei durchaus legitim, man sollte das Thema nicht übertreiben, meinte dieser Schüler. Seine Erkenntnisse aus der Tagung will er nicht nur seiner Klasse mitteilen, sondern auch am Computer etwas aufschreiben und in der Schule aushängen. Sina Brückner möchte gerne eine Schulstunde nutzen, um über Gewalt zu reden. "Auch die Lehrer sollten sich mehr damit beschäftigen, nicht wegschauen oder nur verbieten, sondern auch mal nach den Gründen fragen."

Stefanie Jänicke wird als Schulsprecherin der Sekundarschule am Zoberberg anregen, eine Projektwoche zu gestalten, denn auch sie meint, dass das unbedingt nötig ist. Auch wenn die Schüler anfangs nur vage wussten, was sie bei einer Fachtagung erwarten würde, haben sie sich mit großem Interesse und sehr aufgeschlossen an die Themen der Workshops herangetastet, würdigten Susen Gassenhuber und Astrid Bergmann vom Jugendamt.

Auch die Vertreter der Einrichtungen, die Hilfe für Kinder anbieten, wissen jetzt, worüber Kinder hauptsächlich mit ihren Eltern diskutieren und streiten. Über die Ausgehzeiten, über Taschengeld, die Zimmergestaltung, das Akzeptieren von Freunden, die Freizeitgestaltung, die sie individuell vornehmen möchten. Die Organisatorinnen der Tagung sind zufrieden. "Unsere Erwartungen sind erfüllt. Jetzt kommt es darauf an, was die Schulen daraus machen. Auf keinen Fall wird es eine Eintagsfliege bleiben", versprechen beide.