Kaiserslautern Kaiserslautern: Fritz Walters Geist und Charme der Provinz

Kaiserslautern/dpa. - Klein, aber fein, liebenswert undfußballverrückt: Mit dieser Selbstbeschreibung wirbt die mit 100 000Einwohnern kleinste der zwölf deutschen WM-Städte für das größteFußball-Ereignis in der Geschichte der pfälzischen «Metropole»Kaiserslautern. Die Tradition der Fußball-Stadt mit dem Bundesliga-Gründungsmitglied und Aushängeschild 1. FC Kaiserslautern wurde mitder Vergabe von vier Vorrundenspielen und einer Partie des WM-Achtelfinales hinreichend belohnt. Ein weißer Fleck auf der WM-Landkarte wurde getilgt - bei der WM 1974 stand Kaiserslautern imAbseits.
«Eine fußballverrückte Stadt wie Kaiserslautern und die ganzePfalz gehören einfach dazu. Besonders meinem verstorbenen Freund undVorbild Fritz Walter hätte ich gewünscht, dass er die WM 2006 inseiner Heimatstadt noch erlebt. Leider ist ihm dies nicht vergönntgewesen», erinnert «Kaiser» Franz Beckenbauer als WM-OK-Chef an diegroße Symbolfigur des Lauterer Fußballs. Der Geist des 2002verstorbenen Kapitäns des Weltmeister-Teams von 1954, den einst einSchulmädchen für den «Erfinder von Kaiserslautern» hielt, wird beider WM über dem nach ihm benannten Stadion auf dem berühmt-berüchtigten Betzenberg schweben.
Fritz Walters Mitstreiter unter den «Helden von Bern», der mitseinen 73 Jahren noch immer rüstige Horst Eckel, personifiziert dieBrücke von der Tradition zur Jetztzeit. «Man merkt den Menschen schonjetzt an, dass auf Kaiserslautern etwas Großes und Großartigeszukommt. Wir wollen der Fußball-Welt zeigen, welch aufgeschlossenes,freundliches und herzliches Völkchen hier zu Hause ist», sagtKaiserslauterns WM-Botschafter voller Vorfreude. Auch der Leiter derLauterer WM-OK-Außenstelle, FCK-Vorstandschef René C. Jäggi, sagt:«Die fußballverrückten Pfälzer freuen sich jetzt schon riesig auf diefünf WM-Spiele.»
Kaiserslautern wurde um das Jahr 830 erstmals urkundlich alsKönigshof Lutra erwähnt. Lange vor «König Otto» Rehhagel, der 1998mit dem FCK den vierten deutschen Meistertitel nach 1951, 1953 und1991 in die Pfalz holte, sorgten König Otto III. mit der Verleihungder Marktrechte (985) und Kaiser Friedrich I. Barbarossa mit dem Baueiner Kaiserpfalz (1152) für die historische Weiterentwicklung derStadt. Nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft fiel die Stadt mitder gesamten Pfalz Mitte des 19. Jahrhunderts an Bayern.
Mit dem Anschluss an das Eisenbahnnetz (1848) begann der Aufstiegals Industriezentrum (Textil-, Eisenhütten-, Maschinenbauindustrie).Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzten Amerikaner «K-Town» und seineUmgebung als größte US-Militärbasis außerhalb der USA. Noch heutesind mehr als 40 000 US-Soldaten mit ihren Familien hier stationiert- ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der Region. Neuerdings versucht dieStadt, sich als IT-Standort zu positionieren und sich als «Stadt inden Wäldern» mit dem idyllischen Pfälzer Wald als attraktive Urlaubs-Region darzustellen.
Bei allem Charme des Provinziellen ist und bleibt Deutschlandshöchster Fußball-Gipfel der Nabel der Lauterer Fußball-Welt. Dertosende Betzenberg mit dem hoch über der Stadt thronenden Fritz-Walter-Stadion, das schon aus der Ferne als Trutzburg der Moderneeinen imposanten Eindruck macht. Allen Finanzierungs-Problemen zumTrotz, die auch zum Rückzug der Bewerbung als Austragungsort für denConfederations Cup führten, soll die schmucke WM-Arena mit einerBrutto-Kapazität von 41 170 Zuschauern bis zum Jahresende fertiggestellt sein. Jäggi: «Wir werden alle Auflagen von FIFA und OKfristgerecht erfüllen.» Die Kosten für den Erweiterungsbau belaufensich auf 48,3 Millionen Euro, wobei sich das Land Rheinland Pfalz(21,7 Millionen), die Stadt Kaiserslautern (7,7 Millionen) und derFCK (18,9 Millionen) die Finanzierung teilten.
Während der WM-Wochen, zu deren Spieltagen jeweils 100 000Besucher aus aller Welt erwartet werden, nimmt auch Kaiserslautern anDeutschlands «größter Fußball-Party aller Zeiten» teil. Nach derErstellung des Gesamtkonzepts für die zwölf WM-Städte zur Live-Übertragung auf Großbildleinwänden ist auch Kaiserslautern bereit.Erwin Saile, WM-Koordinator der Stadt: «Jetzt haben wirPlanungssicherheit und können gezielt ein Programm erstellen.» Die«Public- Viewing»-Area wird auf dem Stiftsplatz eingerichtet. EineFan-Meile erstreckt sich rund um den modernisierten Hauptbahnhof.Dort wird vom WM-Beginn am 9. Juni an ein Unterhaltungsprogramm aufkleineren Bühnen angeboten.
Bis zum großen «Event» sollen auch die Felder Hotellerie undInfrastruktur mit Ausbau der Verkehrswege auf Straße und Schienebestellt sein. Nachdem bereits der Anschluss der Autobahn aus Mainzan das Autobahnkreuz Ost seit Ende 2004 für die Fans aus dem Rhein-Main-Gebiet fertig ist, soll bis zur WM noch die Autobahn zwischenKaiserslautern und Landstuhl West sechsspurig ausgebaut sein. Damitsoll den Besuchern aus Luxemburg und dem Raum Trier der Schnellwegzum Betzenberg erleichtert werden.