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Jenseits der Mauer

29.09.2009, 22:15

Hamburg/dpa. - Regisseur Friedemann Fromm hob beschwörend beide Arme: «Nun kommt mir aber nicht im Tango-Schritt über die Brücke gelaufen!» Aber die etwa 500 Komparsen, die die Maueröffnung vom 9. November 1989 nachspielen sollten, waren in ihrer Spielfreude kaum zu bändigen.

Etliche waren damals selbst dabei gewesen, sie standen jetzt mit feuchten Augen vor ihrem Regisseur: «Es ist unglaublich schön, das jetzt noch einmal erleben zu dürfen.» Und auch Fromms Augen waren nicht ganz trocken geblieben: «Das damals oder auch Genschers Verkündigung in Prag, die Ausreise der DDR-Flüchtlinge sei eben gestattet worden, sind so Augenblicke nationalen Glücks. Die sollte man in ihrer ganzen Größe pur erzählen.»

Sein Film «Jenseits der Mauer», in der ARD am 30. September (20.15 Uhr) zusammen mit der begleitenden Dokumentation «Trennung von Staats wegen» (21.45 Uhr), zeigt im übrigen viele nicht so glückliche Augenblicke. Ein Ehepaar (Katja Flint und Edgar Selge) will in den 70ern mit seinen beiden Kindern in den Westen fliehen. Es wird gefasst und vor die Wahl gestellt: langjährige Freiheitsstrafen oder Ausweisung in den Westen. Dann aber müssen die beiden eines ihrer Kinder, die Tochter Mirjam, zur Adoption freigeben. Aus Mirjam wird Rebecca. Die neuen Eltern (Ulrike Krumbiegel und Herbert Knaup) sind stramme SEDler, der Vater arbeitet bei der Stasi. Aber so ganz will die Trennung nicht gelingen. Vor allem die richtige Mutter spürt immer wieder ihrer Tochter nach und ist dafür sogar zur Mitarbeit bei der Stasi bereit. Und für Rebecca stellt sich immer dringlicher die Frage: Wer bin ich eigentlich?

«Dies ist die Geschichte einer Identitätssuche, sehr bezeichnend für die gesamte deutsche Situation», meint dazu ARD-Programmdirektor Volker Herres. Das Mädchen Rebecca/Mirjam spielt Henriette Konfurius, die schon in Fromms Dreiteiler «Die Wölfe» dabei war. Dieser Episodenfilm um eine Berliner Jugendbande, wie jetzt wieder «Jenseits der Mauer» eine Regina-Ziegler-Produktion, hatte die 18-Jährige ins Berlin von 1948 zurückgeführt. Das sei in mancher Hinsicht einfacher gewesen: «Wir hatten sehr viel Material zur Verfügung gestellt bekommen.»

Von der DDR aber wusste sie kaum mehr, als sie in der Schule gelernt hatte, «und das war immer recht trocken und langweilig gewesen». Jetzt, in ihrer Rolle, erlebte sie DDR-Wirklichkeit geradezu hautnah und unmittelbar.

In diesem Film wirkt diese Realität nur schrecklich - aber sie lässt sich auch leichter und lockerer nehmen. Und das eine wie das andere soll bei den filmischen Aufbereitungen von DDR-Vergangenheit gezeigt werden. Jana Brandt, Leiterin des MDR-Fernsehfilms: «Melodramatischen Geschichten wie der "Frau vom Checkpoint Charlie" im letzten Jahr oder jetzt dieser hier stellen wir immer auch eine mehr komödiantische an die Seite.» Auch diesmal, schon am 2. September, war etwas Komisches vorausgegangen: der Film «Romeo und Jutta» mit Wolfgang Stumph als gesamtdeutschem Frauenflüsterer.