Italien Italien: Stein gewordene Träume

Capri/dpa. - Eine Villa auf Capri: Das ist nicht erst seit den schlagerseligen fünfziger Jahren ein Traum vieler Bundesbürger. Die Insel im azurblauen Meer vor Neapel zog die Deutschen von jeher in ihren Bann. Und so hatten viele der prachtvollen Villen Capris deutsche Bauherren, Besitzer oder Bewohner - und sind bis heute Anziehungspunkte für zahlreiche Besucher.
Einen deutschen Bezug hat auch die vielleicht interessanteste modernistische Villa Italiens, die Casa Malaparte. Sie ist ein exzentrisches Selbstporträt in Stein des Schriftstellers Kurt Suckert, genannt Malaparte. Der Sohn eines in Italien tätigen deutschen Textilindustriellen hat den stufenförmigen Bau auf einem einsamen Felsvorsprung auf der Südseite der Insel errichtet. Der französische Regisseur Jean-Luc Godard drehte darin seinen Film «Die Verachtung» und der deutsche Modezar Karl Lagerfeld war so fasziniert von dem Haus, dass er ein eigenes Buch darüber schrieb.
Der mit einer Capresin verheiratete Mediziner Emil von Behring, Erfinder der Diphterie-Impfung und Träger des Nobelpreises von 1901, baute Anfang des Jahrhunderts in der Nähe der berühmten Piazzetta ein großes Haus. 1909 mietete der russische Schriftsteller Maxim Gorki dieses wegen seiner roten Farbe Casa Rossa genannte Gebäude. Ein Jahr später beherbergte Gorki dort den Revolutionär Lenin für ein paar Wochen.
Eine der prunkvollsten Villen ist das Fortino, gebaut auf dem Gelände einer früheren Villa des Kaisers Augustus. Lange Zeit gaben hier die US-amerikanische Millionärin Mona Williams und ihr Mann Eddie von Bismarck, Enkel des Eisernen Kanzlers, rauschende Feste.
Von der Villa Monacone aus bietet sich der schönste Ausblick auf die freistehenden Felsen der Faraglioni. Das Haus beherbergte in seiner langen Geschichte eine ganze Serie von Sonderlingen. Einer der ersten war der deutschen Maler und Naturapostel Gustav Otto Döbrich. Er vertauschte die Villa später mit einer Grotte, wo er mit einer Ziege hauste. Der Maler Oskar Kokoschka malte das von ihm gemietete Zimmer mit expressionistischen Fresken aus, was die Besitzer aber nicht zu schätzten wussten und übertünchten.
Bevor das Haus vor ein paar Jahren in Miniapartments aufgeteilt wurde, war die Thomas-Mann-Tochter Monika eine langjährige Bewohnerin. Sie lebte nach vielen Enttäuschungen in ihrem Leben dort mit einem Capri-Fischer zusammen. Wenig entfernt liegt die Casa Romita. Dort wohnte der deutsche Schriftsteller Waldemar Bonsels, der 1912 mit der «Biene Maja» einen Bestseller schrieb.
Am Fuße des Castiglione-Berges findet sich die Villa Mura. Neben dem Eingangstor prangt das Familienwappen der Landgrafen von Hessen. Ende der dreißiger Jahre wurde die Villa Mura von Philip von Hessen erworben, der mit der Tochter des italienischen Königs, Mafalda von Savoyen, verheiratet war. Die Ehe endete tragisch: Nach dem Ausscheiden der Italiener aus dem Krieg im Herbst 1943 musste Mafalda als «Geisel» dafür büßen, was Hitler als Verrat des italienischen Bündnispartners ansah. Sie starb im Konzentrationslager Buchenwald.
In den dreißiger Jahren wurde Capri auch von verschiedenen Nazi-Größen besucht. Hermann Göring war so angetan, dass er dort ein Haus kaufen wollte. Er verhandelte eine Zeit lang mit dem schwedischen Arzt Axel Munthe um den Erwerb von dessen Villa San Michele auf Anacapri. Der Kriegsausbruch machte den Plänen ein Ende. Munthe selbst schrieb mit seinem «Buch von San Michele» einen Weltbestseller. Das Thema: Der Traum von einem eigenen Haus auf Capri.