Hintergrund Hintergrund: Spektakuläre Doping-Fälle bei Olympia
Athen/dpa. - Die Geschichte der Olympischen Spiele ist auch einedes Sport-Betrugs. Sie reicht vom Marathonsieger von 1904, ThomasHicks, der Strychnin und Brandy zu sich nahm, über den mitAmphetaminen voll gepumpten und 1960 nach dem olympischenStraßenrennen gestorbenen Dänen Knut Jenson bis zum Skandal umGriechenlands Sporthelden Kostas Kenteris in Athen. Für denspektakulärsten Doping-Fall sorgte aber der Kanadier Ben Johnson 1988in Seoul.
Vor Athen wurden bei Sommerspielen seit dem Beginn der Kontrollen1968 in Mexiko-Stadt insgesamt 58 Sportler des Dopings überführt.Dazu kommt eine weitaus größere Zahl derjenigen, die entweder vorOlympia positiv getestet wurden oder aus Angst vor Kontrollen aufeinen Start verzichteten - wie 27 chinesische Sportler vor denSpielen 2000 in Sydney.
Als bislang spektakulärster Fall gilt der Anabolika-Skandal um BenJohnson, der 1988 nach seinem 100-m-Sieg in der Weltrekord-Zeit von9,79 Sekunden positiv getestet wurde. Der heute 42-Jährige mussteseine Goldmedaille an den Amerikaner Carl Lewis abgeben und lebtseitdem mit dem Ruf als größter Betrüger der olympischen Geschichte.Zugleich rückte er das Thema in einer bis dahin nicht gekanntenDimension in das öffentliche Bewusstsein.
Unrühmlicher Höhepunkt aus deutscher Sicht war die Aberkennung derGoldmedaille für Freistil-Ringer Alexander Leipold, in dessen Probenach dem Finalkampf von Sydney Nandrolon nachgewiesen wurde. SeineTrophäen zurückgeben musste auch Skilangläufer Johann Mühlegg. Derfür Spanien startende Deutsche gewann 2002 in Salt Lake City drei MalGold, wurde jedoch des Blutdopings überführt. Unvergessen bleibt auchdie «Zahnpasta-Affäre» um Dieter Baumann, den 5000-m-Olympiasiegervon Barcelona, der 1999 positiv auf Nandrolon getestet wurde. Baumannbrachte den Fall vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) undwurde erst in Sydney endgültig von den Spielen 2000 ausgeschlossen.
Als erster Sportler bei Olympischen Spielen überhaupt wurde derSchwede Hans Gunnar Liljenwall 1968 in Mexico-Stadt «ertappt». DerFünfkämpfer wurde disqualifiziert, weil er Alkohol im Blut hatte.Sein Team kostete der Verstoß die Bronzemedaille. Mit weitauswirksameren Mitteln versuchten die Athleten in der Folgezeit,Einfluss auf Leistung und Medaillenspiegel zu nehmen. Doch auch dieDoping-Kontrolleure verfeinerten und erweiterten ihre Methoden. InSydney erlebten Tests auf das Blutdopingmittel EPO ihre Premiere. InAthen werden wohl erstmals Wachstumshormon-Tests eingeführt.Bestätigt hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) dies nicht,um sich den «Überraschungsmoment» zu erhalten.
Die Spiele von Sydney gelten bislang als die am bestenkontrollierten. Insgesamt wurden 1946 Wettkampf- und 404Trainingskontrollen sowie 313 EPO-Tests vorgenommen. Resultat warenzehn positive Fälle, darunter neben Leipold fünf weitereMedaillengewinner. Am umstrittensten war der Fall der erst 16 Jahrealten Andrea Raducan. Die rumänische Turnerin gewann den Vierkampf,wurde aber wegen eines vom Teamarzt verabreichten Erkältungsmittelsdisqualifiziert.
Weitere Fälle wurden erst später bekannt. So wurde dem 400-m-Läufer Jerome Young nachträglich ein Vergehen aus dem Jahr 1999nachgewiesen, woraufhin dem Amerikaner die Staffel-Goldmedaille vonSydney aberkannt wurde. Das IOC muss nun noch darüber befinden, obauch Youngs Teamkollegen, darunter Superstar Michael Johnson, ihrePlaketten verlieren.
Unter Dopingverdacht steht auch Youngs Landsfrau Marion Jones, diein Sydney drei Mal Gold sowie zwei Bronzemedaillen holte. Drei Wochenvor Beginn der Spiele von Athen wurde Jones von ihrem früherenEhemann, dem Kugelstoßer C.J. Hunter, beschuldigt, in Sydney gedoptgewesen zu sein. Hunter war vor den Spielen 2000 selbst vier Malpositiv getestet und in Sydney ausgeschlossen worden. Jones soll inAthen im Weitsprung sowie in der Staffel antreten.