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Handball Handball: Kapitän geht nach neun Jahren leise von Bord

Von STEFFEN BRACHERT 27.05.2009, 18:21

DESSAU-ROSSLAU/MZ. - Es war das letzte Pflichtspiel für den langjährigen Spielmacher. Doch am Freitag, wenn um 19.30 Uhr in der Anhalt-Arena das Abschiedsspiel für den Kapitän des Dessau-Roßlauer HV angepfiffen wird, wird die Stimmung eine andere sein.

Schöner Abend steht an

"Wenn da 300 Fans kommen, ist das viel", weiß Langen und freut sich trotzdem auf jeden einzelnen Besucher, der Tschüss sagen und noch einmal eintauchen will in die Dessauer Handball-Geschichte. Mit Thomas Vollert, Marco Rösike, Karsten Schulze, Frank und Ralf Stojan Stefan Schöne, Alexander Matschos, Jens Werner und Volker Preißner haben sich viele ehemalige Teamkollegen angesagt. "Es wird", ist sich Langen sicher, "ein schöner Abend."

Am 1. Juli 2000 kam André Langen nach Dessau. Nur noch Patrick Heddrich ist aus dem aktuellen Kader länger da. "Wolfgang Pötzsch hatte mich frühzeitig angerufen", erinnert sich der Regisseur, der mit Fermersleben gerade aus der zweiten Liga abgestiegen war. "Dessau war eine gute Adresse, das Angebot stimmte." Dass daraus neun Jahre werden sollen, war damals nicht abzusehen. Langen, der bei der Stadtsparkasse Dessau erst eine Ausbildung zum Bankkaufmann machte und dann an der Hochschule Anhalt Facility Management studierte, wundert das nicht. "Ich war hier nie unzufrieden." Trotz vieler sportlicher und wirtschaftlicher Höhen und Tiefen.

Magdeburger Handballschule

Langen, Jahrgang 1980, hat die Magdeburger Handballschule durchlaufen. Als C-Jugendlicher kam das Talent zum SCM, verpasste aber am Ende den Sprung in die erste Mannschaft. "Die Situation war nicht vergleichbar mit heute", sagt Langen. Junge Spieler hatten es damals extrem schwer in den Bundesliga-Kader zu kommen. "Irgendwann habe ich selbst nicht mehr dran geglaubt." Das wirkte sich aus auf die Leistungen im Training und in den Spielen. Vielleicht hätte es unter dem neuen Trainer Alfred Gislason noch eine Chance gegeben. Doch das erste Spiel stand unter schlechten Vorzeichen. "Es war einen Tag nach Himmelfahrt - und so habe ich auch gespielt", sagt Langen. Den ersten Eindruck konnte der Regisseur nie wieder wettmachen.

Wolfgang Pötzsch, Dirk Klein, Gregorz Subocz, Wolfgang Spitz, Georgi Swiridenko und Peter Pysall waren Langens Trainer in Dessau. "Mit jedem neuen Trainer kamen neue Impulse", sagt Langen. Vor allem von Swiridenko hat der Spielmacher viel gelernt. "Georgi war Regisseur und Olympiasieger. Mit seinen Erfahrungen habe ich noch einmal einen Schritt nach vorn gemacht." Aber auch Pysall ist ihm wichtig. "Er macht mich noch mehr zur Führungsperson gemacht."

Gern hätte Langen den Dessau-Roßlauer HV in die eingleisige Zweite Liga geführt. Die Vertrags-Verhandlungen aber blieben ohne Erfolg. Langen, den es privat und beruflich nach Brandenburg zieht, wollte die Trainingsumfänge reduzieren, nicht täglich von Potsdam nach Dessau pendeln. Pysall wollte seinen Regisseur immer vor Ort haben. "Das kann ich verstehen", sagt Langen und gibt doch zu: "Ich bin 29 Jahre und hätte gern weiter gespielt."

Nun es ist schwierig. Am 1. August beginnt Langen seine neue Arbeit in einem Sachverständigenbüro für Immobilienbewertung in Potsdam. Langen hat sich den Job in Brandenburgs Landeshauptstadt selber gesucht. Der Chef ist kein Handball-Fan. "Da kann ich nicht gleich am Anfang wegen der Vorbereitung fehlen."

Gespräche mit dem VfL Potsdam gab es, doch nicht mit letzter Konsequenz. Der Zweitliga-Aufsteiger muss sich wirtschaftlich und sportlich neu aufstellen. Die Arbeit an der Lizenz läuft. Nach Verstärkungen wird gesucht. Aber nicht unbedingt auf der Spielmacherposition. Mit Lars Melzer spielt dort auf dieser Position der Sohn von Trainer Peter Melzer.

Fithalten in der Reserve

Langen hat sich mit der Situation arrangiert. Zuletzt hat Oberligist Neuruppin angefragt. Mit Daniel Grobelny spielt dort ein ehemaliger Teamkollege. Der nächste Weg ist es aber auch nicht. Längst gibt es die Überlegung, sich ein halbes Jahr Auszeit zu nehmen. "Die Frage ist, ob ich dann wieder Anschluss finde." Langen will sich deshalb bei der Reserve des VfL Potsdam in der Berlin-Brandenburg-Liga fithalten und im Januar oder Februar entscheiden, auf welchem Niveau es weitergeht. Alles ist möglich. Am Ende vielleicht sogar ein Comeback in Dessau-Roßlau? "Ich will nichts ausschließen."

Langen geht ohne Groll - und voller Zuversicht. "Die Mannschaft hat Perspektive", sagt der Kapitän, der auf seine letzte Saison zufrieden zurückblickt. "Das Mannschaftsklima war das Beste, was wir hier je hatten. Das war wichtig für die sportliche Leistung." Die gilt es nächste Saison zu bestätigen. Ohne André Langen und ohne Steve Baumgärtel.

"Deshalb bricht hier nichts zusammen", sagt der Kapitän. Mit Steffen Fischer und Matthias Rudow gebe es zwei gute Neuverpflichtungen, die reinpassen auf dem Weg in die eingleisige Liga. Langen ist kein Freund davon. "Das geht zu Lasten der jungen deutschen Spieler. Die werden weniger Spielanteile bekommen, weil wieder mehr Routine gefragt ist." Trotzdem drückt der Regisseur seinem Team die Daumen. "Ich bin ja nicht für immer weg aus Dessau. Ich werde so oft wie möglich bei Spielen zuschauen." Aus Interesse. Vielleicht aber auch für den Fall der Fälle.