Gurkenscheiben im Gesicht
Roßlau/MZ. - Ein stilles Haus
Vermutlich ist es an diesem Dienstagnachmittag in der Roßlauer Grundschule Waldstraße ein wenig ruhiger als an anderen Nachmittagen, obwohl die Kinder des Horts "Waldwichtel" noch immer zugegen sind. Seltsames passiert hinter geschlossenen Türen, die man wie selbstverständlich nur langsam leise zu öffnen wagt. Da liegen Kinder mit Quark und Gurken im Gesicht. Hier schreiben andere ihren Gefährten Geschichten auf den Rücken. Dort wird an Filmdosen geschnüffelt.
"Sinnes-Tag" heißt das Unterfangen, welches Teil einer Projektwoche sei, wie die Leiterin des Horts, Stella Kegel, berichtet. Der Hort leiste somit seinen Beitrag zum Jubiläum der Schule, die vor zwanzig Jahren in den Dienst genommen wurde. Bowling hätten die Kinder bereits gespielt. Einen Märchentag werde es geben, mit Märchenrätsel, Lesung, Filmvorführung. Und während Stella Kegel erzählt, fingert ein Knabe in einer Kiste. Nagel, Brotkanten, Klammer und anderes lassen sich noch relativ leicht ertasten. Der Knoblauch wird da freilich oft zur Zwiebel. Aber einen Waschmittelroller per Tastsinn zu erraten, verlangt schon eine gehörige Portion Einfühlungsvermögen in die Hauswirtschaft.
Was immer solch ein Roller ist und soll, mögen Expert(inn)en wissen. Die Kinder jedenfalls sind mit allen Sinnen unterwegs von Station zu Station. Porentief rein und ein wenig verklärt kauern Justus und Moritz auf der Treppe, noch immer das Band, welches die Haare vom Gesicht fern halten soll, um den Kopf gewickelt. Wie sie denn gewesen sei, die Gesichtsmaske nebst leichter Massage zur meditativen Musik? Moritz zieht mit leicht entrückter Stimme das Fazit: "Es war entspannend". Pause: "Schön kühl".
Da öffnet sich die nächste Tür, hinter welcher Physiotherapeutin Grit Friedrich im gedämpften Licht Geschichten erzählt, die sich Kinder wechselseitig auf den nackten Rücken schreiben. Da also ziehen Wolken auf, da gehen Seeräuber auf Schatzsuche. In der begehrten Truhe finden sie Edelsteine (Kinderfinger tippen) und schwere Goldbarren (Handballen drücken). Wind und Wellen gibt es hier auch.
Bald obligatorisch?
Finger und Hände streichen und streicheln, laufen und hüpfen. Die Übersetzung gelingt. Schon das Zusehen entspannt konzentriert. Und wenn die Zeit noch schneller wird, dann müssen sich solch sinnliche Pausen vielleicht notgedrungen zum obligaten Unterrichtsstoff wandeln.