Gewichtheben Gewichtheben: «Jetzt fängt das Leben wieder neu an»
Frankfurt/Main/dpa. - Er durfte sich von Angela Merkel undHorst Köhler gratulieren lassen, ist «Sportler des Jahres» gewordenund von Fernsehshow zu Fernsehshow gereicht worden. Immer war dannjene Szene von den Olympischen Spielen in Peking eingeblendet, alsder Gewichtheber bei der Siegerehrung das Foto seiner verstorbenenFrau Susann hochhält. «Ich mag' nicht immer darüber reden, nichtimmer das Gleiche erzählen», sagt der 27-Jährige in einem dpa-Gespräch bei der Frankfurter Buchmesse und legt die Hand fest aufseine Biografie: «Für mich ist das hier der Abschluss. Jetzt fängtdas Leben wieder neu an.»
Unzählige Male sei er nach seinem Triumph 2008 interviewt worden,schreibt Steiner im Vorwort zu «Das Leben erfolgreich stemmen», «unddoch war ich voller Antworten, zu denen mir kein Journalist dieentsprechenden Fragen stellte». So erzählte er vier Monate lang denbeiden Autoren Kapitel für Kapitel - von seinen sportlichen Anfängen,seinem Wechsel von Österreich nach Deutschland, vom tragischen Todseiner Susann, von seiner Diabetes-Erkrankung, seinem Olympiasieg inPeking, von seinen vielen öffentlichen Auftritten und seiner neuenLiebe. Das 276-Seiten-Werk beschreibt - anrührend, offen und manchmalverstörend - die Geschichte eines Menschen, die nicht nur dieSportwelt bewegt hat. «Ein komisches Gefühl, ein Buch über einenselbst vor sich liegen zu haben», sagt Steiner. «Aber es war wichtig,das alles auf diese Weise zu verarbeiten.»
Jetzt, sagt er, will er «etwas Neues» schaffen. Ein Tapetenwechselgehört dazu: Steiner ist von Leimen in die Heidelberger Altstadtgezogen, die Goldmedaille liegt da übrigens im feuerfesten Safe. ImDezember zieht seine Freundin ein, die zwölf Jahre ältereFernsehmoderatorin Inge Posmyk. Im März soll der gemeinsame Nachwuchszur Welt kommen. «Das Kind war geplant, wir haben es gewollt.» Aucheine Hochzeit ist vorgesehen, «wir wissen nur noch nicht, wo, wannwie.»
In seinem Buch schreibt Steiner: «Ich war rund eineinhalb JahreWitwer gewesen, und ich bin heilfroh, dass ich in der Lage war, michwieder Hals über Kopf zu verlieben. Inge hat Verständnis dafür, dassSusann immer in meinem Herzen sein wird, aber sie weiß auch, dass ichsie genauso liebe.» In den Schlusszeilen dankt er Susann («Du bleibstmir unvergessen») und Inge: «Durch dich habe ich wieder begonnen,richtig zu leben.»
Nicht nur die neue Liebe bestimmt derzeit das Leben Steiners,sondern endlich auch wieder der sportliche Alltag. EineLeistenoperation im Januar warf den «Weltgewichtheber» weit zurück.Doch zuletzt hat er im Trainingslager auf Teneriffa ordentlich «Eisengefressen», bis zu 100 Tonnen in der Woche gehoben. Schließlich stehtam Wochenende in Ladenburg die deutsche Meisterschaft an und MitteNovember in Goyang/Südkorea die WM. «Momentan bin ich ein bisschenmüde», sagt Steiner und nippt am Kaffee. «Aber ich möchte bei der WMeine Medaille, das ist mein Ziel.»
Motivationsprobleme? Der starke Mann im schwarzen Pulli und in derblauen Jeans schüttelt heftig den Kopf. «Ich habe in Deutschland dochgerade erst losgelegt. Jetzt macht's richtig Spaß, das Umfeld istoptimal. Ein Schlaraffenland», erzählt er und schwärmt von extraabgemessenen Wettkampfschuhen, von fleißigen Physiotherapeuten undperfekt organisierten Trainingslagern. «Jetzt», sagt er, «muss ichwas Neues schaffen. Das ist doch die Herausforderung.»