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Frauenfußball in der DDR Frauenfußball in der DDR: Wie kickten die ostdeutschen Damen?

Von Matthias Koch und Dominik Kortus 21.06.2011, 15:53

Berlin/SID. - Für die Fußballerinnen in der DDR war der Höhepunkt gleichzeitig auch das Ende. Am 9. Mai 1990 kam es in Potsdam zum ersten Frauenfußball-Länderspiel einer DDR-Mannschaft - es sollte das einzige bleiben. 0:3 verloren die Damen der Deutschen Demokratischen Republik gegen die Tschechoslowakei, die politischen Umwälzungen der Wiedervereinigung verhinderten weitere internationale Einsätze.

Schattendasein statt Aushängeschild

Seit dem ersten dokumentierten Spiel in der DDR zwischen Empor Possendorf und Empor Dresden-Mitte (0:2) am 4. August 1969 hatte der Frauenfußball ein Schattendasein gefristet. Wie viele andere nicht-olympische Sportarten gab es keine wirkliche Förderung durch die Staatsführung. Als "Diplomaten im Trainingsanzug" für die Steigerung des internationalen Ansehens der "kleinen" DDR kamen die Frauen im Gegensatz zu den Männern nicht in Frage.

Nicht anerkannt, aber auch nicht verboten

Vom Ansehen rangierten die Frauen, die beim Deutschen Fußball-Verband (DFV) der DDR von 1971 bis 1989/90 der Kommission Freizeit- und Erholungssport zugeordnet waren, hinter dem Jugend- und Nachwuchsfußball."Die Herren vom DFV hatten die Befürchtung, dass wir den olympischen Sportarten wie Handball Talente abziehen könnten. Dabei gab es genug Mädels, die auf der Straße waren. Da konnte man ganz schnell eine Mannschaft zusammenbekommen", erinnert sich Bernd Schröder, seit mehr als 40 Jahren Trainer von Turbine Potsdam und einer der Pioniere des DDR-Frauenfußballs: "Wir waren zwar nicht anerkannt, aber im Gegensatz zur BRD auch nie verboten."

Welche Rolle spielt der bulgarische Student Wladimir Zwetkow?

Die Entwicklung des Frauenfußballs in der DDR ist eng mit dem bulgarischen Studenten Wladimir Zwetkow verbunden. Er selbst spielte in der zweiten Mannschaft von Dynamo Dresden und trainerte auf demselben Gelände, auf dem auch die Handballerinnen zum Ausgleich Fußball spielten."Als ich die Frauen beim Fußball beobachtet habe, kam mir die Idee, eine Frauenfußball-Mannschaft zu trainieren. Und das Interesse bestand auch", erinnert sich Zwetkow: "Mädchen, die sich in anderen Sportarten nicht entwickelt haben oder keine Chance bekamen, konnten bei uns Fußball spielen." Die BSG Empor Dresden-Mitte gilt als erste Frauenmannschaft der DDR.

Für das erste Spiel musste Zwetkow allerdings einige Widerstände überwinden, auch bei der "Werbung" für das Spiel zeigte er sich kreativ. Bei einem Spiel Union Berlins in der DDR-Oberliga erklomm er den Sprecherturm, um mit Heinz Florian Oertel zu sprechen.Der beliebteste Fernseh- und Radiokommentator der DDR ließ sich nicht lumpen und redete seinerseits mit dem Stadionsprecher des 1. FC Union. Kurz darauf kündigte dieser in der Halbzeitpause das erste Frauenfußballspiel der DDR an.

Doch noch lange Zeit sollte es dauern, bis es zu überregionalen Spielen zwischen den Damenmannschaften kam. 1971 wurde zwar die Spielordnung des DFV angepasst, Kinderförderung oder Spiele auf überbezirklicher Ebene gab es aber weiter nicht. Erst 1979 wurde eine Art DDR-Meisterschaft durchgeführt. Bei der ersten "Bezirks-Bestenermittlung" setzte sich Motor Mitte Karl-Marx-Stadt durch. Gespielt wurde in Gruppen mit verkürzter Spieldauer."Das Training war auf zwei Turniere im Jahr ausgerichtet, oder es war auch schon vorbei, wenn man das erste nicht gewonnen hatte", erinnert sich Sabine Seidel. Die Potsdamerin gehörte zu den besten Kickerinnen aus dem Osten.

Aue und Jena qualifizierten sich für die gesamtdeutsche Bundesliga

Nach der Einführung einer zweigleisigen Liga entstand 1990/91 die eingleisige Oberliga Nordost. Meister Uni Jena und der Zweitplatzierte Erzgebirge Aue qualifizierten sich für die gesamtdeutsche Bundesliga. Aushängeschild Turbine Potsdam verpasste den Sprung, weil mehrere Stammspielerinnen den Verein Richtung Westen verlassen hatten.

Dem Neustart in Gesamtdeutschland folgte die Ernüchterung. Jena und Aue stiegen sofort wieder ab, mit Birte Weiß aus Aue verzeichnete in den Wendejahren nur eine einzige ostdeutsche Spielerin gesamtdeutsche Länderspiele.Mittlerweile hat sich der Osten bei den Frauen aber etabliert. In der kommenden Bundesligasaison werden mit Serienmeister Turbine Potsdam, USV Jena und Aufsteiger Lok Leipzig erstmals drei Klubs aus den ostdeutschen Bundesländern erstklassig sein.