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Flucht in den Urlaub

Von Annette Albert 27.01.2004, 16:36

Halle/iposa. - So viel ist klar: Als Altgermanist hat man ein eher professionelles Interesse am Karneval. Denn wissenschaftlich gesehen, ist der Fasching historisch gewachsen und reich an kritischem Potenzial. „Vor allem seine Geschichte finde ich sehr interessant“, sagt Hans-Joachim Solms, der als Professor für Altgermanistik an der Uni Halle arbeitet und seit vergangenem September zusätzlich noch als Prorektor tätig ist.

Und sonst? „Tja, sonst eigentlich nichts weiter. Denn der Karneval ist für mich eigentlich kein Thema“, meint der 49-Jährige. Diese Aussage ist umso erstaunlicher, weil Solms fast 30 Jahre seines Lebens quasi im Kernland des närrischen Treibens zugebracht hat: Aufgewachsen am Niederrhein, studiert in Bonn, gelebt im Großraum Köln. Und trotzdem ist ihm der Karneval eher suspekt. „Im Rheinland gibt es viele Leute, die während der Faschingszeit in den Urlaub fliehen“, meint Solms. Auch er hat diese Flucht des Öfteren praktiziert.

Dem Karneval verdanke ich viele interessante Städtereisen ins Ausland.“ Außerdem sei es ein Irrtum anzunehmen, dass alle Rheinländer ausgemachte „Jecken“ sind. „Vielleicht muss man dazu wirklich in Köln geboren sein“, sagt Solms, der selbst im Westfälischen das Licht der Welt erblickte. „Eine Gegend“, so meint er, „in der die Leute eher etwas trockener sind.“ Allerdings: Immer wenn er die fünfte Jahreszeit im Rheinland verbrachte, wurde er unweigerlich in den Strudel der närrischen Ereignisse gezogen. „So ganz kann man sich dort dem Karneval einfach nicht entziehen“, so der Germanist. Also wurden alternative Stunksitzungen besucht und sogar der üppige Straßenkarneval. „Und wenn man dabei all seine Vorbehalte über Bord wirft, dann macht der sogar riesigen Spaß“.

Seit Solms Mitte der 90-er Jahre an die Uni Halle berufen wurde, sind seine ohnehin seltenen karnevalistischen Unternehmungen noch weiter ins Hintertreffen geraten. Denn in Halle gibt es zwar seit der Wende wieder einen Rosenmontagsumzug, „aber irgendwie ist das eben etwas anderes als im Rheinland“. Und deshalb kehrt Solms auch in diesem Jahr den halleschen Jecken den Rücken und fährt lieber mit seiner Familie in den Ski-Urlaub. Sein mitreisender Sohn wird diesen Trip allerdings früher abbrechen. Der Grund: „Er studiert in Aachen und will die tollen Tage unbedingt dort verbringen“.