Extra Extra: Weltrekord: «Franzi» schwimmt in eine neue Zukunft

Berlin/dpa. - Im Ziel weinte sie Tränen desGlücks: «Ich könnte alle umarmen. Ich bin einfach völlig durch denWind.» «Franzi» zog das gesamte Team zu einem fulminanten Endspurt.Thomas Rupprath holte am Samstag Gold über 100 m Schmetterling, AnnePoleska überraschte mit Silber über 200 m Brust. Moritz Zimmer,Stefan Pohl, Lars Conrad und Stefan Herbst gewannen über 4 x 200 mFreistil Silber hinter Italien. Der Dresdner Heiko Meyer sprang zuGold vom Turm.
Franziska van Almsick war «unheimlich stolz». Ihr internationalesComeback nach der Olympia-Pleite von Sydney und vielen Erkrankungenund Demütigungen wurde zu einer Galavorstellung. «Ich bin ins Wassergesprungen und habe die Flucht nach vorn angetreten.» Mit 24 Jahren14/100 schneller als mit 16. «Sie ist wieder aufgestanden», sagteTrainer Norbert Warnatzsch, der in der Langfristplanung sogar eine1:56,50 Minuten auf dem Zettel hatte. Und alle hoffen jetzt, dass sieweiter macht. «Das ist ein sensationelles Ergebnis als Grundlage fürOlympia 2004», sagte DSV-Präsidentin Christa Thiel. Klaus Steinbach,NOK-Präsidentschaftskandidat und früherer Weltklasseschwimmer: «Durcheinen Olympiasieg würde sie unsterblich.»
Dennoch: Ihre Zukunftspläne ließ Franziska van Almsick offen. «Ichfreue mich auf meinen Urlaub. Und ich denke, dass das eine gute Zeitist, darüber nachzudenken.» Ihre Managerin Regine Eichhorn hält einenRücktritt allerdings für «abwegig». Die WM 2003 in Barcelona undOlympia 2004 in Athen sind wieder ein Thema. «Franzi» hat noch eineAufgabe: den zweimal entgangenen Olympiasieg.
Das Publikum in der mit 4500 Besuchern und Athleten voll besetztenBerliner Halle tobte, als Franziska van Almsick das Rennen gegen sichselbst aufnahm. «Ich war total fertig.» Am liebsten wäre sie aus derHalle geflohen. Im Ziel war sie nur noch glücklich. Der Blick an dieAnzeigetafel, dann streckte sie die Arme in den Himmel. «Wäre dieBahn fünf Meter länger gewesen, wäre ich, glaube ich, nichtangekommen.» Die Berlinerin feierte nach zwei Mal Staffel-Gold unddem Sieg über 100 m Freistil ihren vierten Titel von Berlin. ZumAbschluss wollte sie mit der Lagenstaffel zum fünften Mal zuschlagen.
Thomas Rupprath holte sich in 51,94 Sekunden nach dem Sieg über 50m Rücken seinen zweiten EM-Titel auf der Langbahn. «Ich bin superglücklich, aber auch ganz schön kaputt», sagte er. «Das Rennen vonFranzi hat mich total motiviert, das war gigantisch.» Denangestrebten Weltrekord verpasste er. Anne Poleska aus Krefeld ließsich vom Publikum zu Silber über 200 m Brust «tragen». Nur dieÖsterreicherin Mirna Jukic war schneller.
Cheftrainer Ralf Beckmann war stolz auf sein Team. Er baut aufJung und Alt: «Das Ganze war eine Vorübung für Olympia in Athen undfür die WM 2003 in Barcelona. Wir setzen auf einen langfristigenLeistungsaufbau.»
Heiko Meyer eroberte vom Turm die vierte Goldmedaille für diedeutschen Wasserspringer. «Ich hatte nur eine Chance: Kopflos zuspringen, ohne nachzudenken», sagte der 26 Jahre alte Sportsoldat ausDresden nach dem Gewinn seines ersten EM-Titels vom Turm. 1999 und2000 war er Zweiter geworden. «Ich war einfach dran.»