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Europa League Europa League: Torrichter erstmals im Test

Von Ulrike John und Emilio Rappold 18.09.2009, 14:42
Ein Torrichter an der Seitenlinie. (FOTO: DPA)
Ein Torrichter an der Seitenlinie. (FOTO: DPA) ANSA

Frankfurt/Main/Lissabon/dpa. - «Jetzt haben wir wirklich einen Maulkorb. Wirhaben von der UEFA extra nochmal eine Mail bekommen, dass wir überdas Experiment nichts sagen dürfen», bestätigte Knut Kircher(Rottenburg), der als einziger deutscher Schiedsrichter amDonnerstagabend an dem Pilotprojekt des internationalen Fußballsbeteiligt war, der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Bei der 0:3-Pleite des Hamburger SV in Wien bekam Jerome Boatengin der 41. Minute im Strafraum den Ball an die Hand. Über ihr Headsetverständigten sich der Torrichter und Schiedsrichter Ivan Bebek ausKroatien darauf, dass es keine Absicht und somit kein Elfmeter war.«Die sind nicht aufgefallen, also waren sie gut», kommentierte HSV-Coach Bruno Labbadia den Auftritt der zusätzlichen Assistenten.Rapid-Coach Peter Pacult nahm es mit Wiener Schmäh: «Da stehen haltZwei mehr unnütz herum. Ich denke nicht, dass es das Spiel zusätzlichbelastet, wenn da zwei Pinguine mehr auf dem Platz herumlaufen.»

Eher unzufrieden mit der Torrichter-Premiere war auch WerderBremen nach dem 3:2 bei Nacional Funchal - vor allem Aaron Hunt, derbeim Stande von 2:2 an der Strafraumgrenze gefoult worden war, aberweder einen Freistoß noch einen Elfmeter zugesprochen bekam. «ImGrundsatz sind die sechs Schiedsrichter keine schlechte Sache, aberdann müssen sie auch solche Sachen sehen wie den klaren Elfmeter»,meinte der verärgerte Stürmer. Torwart Tim Wiese sagte: «Vorherdachte ich, dass das Sinn machen könnte, aber nach dem heutigenEindruck halte ich sie für eher überflüssig.» Das Ganze müsse sicheben noch einspielen, meinte Torsten Frings gelassen. Club-Chef KlausAllofs hatte schon vorher geahnt: «Wenn wir fünf verschiedeneMeinungen haben, dann wird's kompliziert.»

Der 40-jährige Kircher leitete die Partie zwischen BenficaLissabon und BATE Borissow (2:0) und hatte neben seinen AssistentenKai Voß und Robert Kempter auch noch Jochen Drees als «vierten Mann»und die beiden Torrichter Markus Schmidt und Peter Sippel dabei. Diesollen nicht nur darauf achten, ob der Ball im Zweifelsfall dieTorlinie überschritten hat oder nicht, sondern auch bei anderenstrittigen Situationen helfen.

«Es bleibt alles beim Alten!», kritisierte die portugiesischeZeitung «Correio da Manha». Keiner der beiden Torrichter habe beimBenfica-Spiel die Gelegenheit ergriffen, seinen Nutzen unter Beweiszu stellen. Einer habe ein Foulspiel im Strafraum gegen LissabonsStürmer Oscar Cardozo, der andere ein Handspiel eines Verteidigersvon BATE Borissow übersehen. «Ein guter Schiri, der aber nur schlechtunterstützt wurde», bilanzierte das Blatt.

Beim 1:1 zwischen Hertha BSC und Lettlands Meister FK Ventspilstraten die Torrichter nicht groß in Erscheinung. Vor dem Anpfiff botsich jedoch nicht nur den 13 454 Zuschauern, sondern auch den Profisein neues Bild. «Es ist etwas ungewohnt, wenn da plötzlich fünfSchiedsrichter stehen und man ihnen vor dem Spiel die Hand gebenmuss», sagte Nationalspieler Arne Friedrich.

Die Torrichter sollen in den 144 Gruppenspielen der Europa Leaguegetestet werden, danach gibt es einen Abschlussbericht. Ob diezusätzlichen Assistenten eingeführt werden, entscheidet dann das fürRegelfragen zuständige International Football Association Board. Zueiner Stellungnahme nach dem ersten Probelauf waren am Donnerstagweder die UEFA noch der Weltverband FIFA bereit. Die Verantwortlichenbeim Deutschen Fußball-Bund (DFB) haben längst klar gemacht, dass siedie Lösung mit dem Chip im Ball favorisieren.