Edward Hopper im Hamburger Bucerius Kunstforum
Hamburg/dpa. - Er ist ein Meister der Melancholie und Einsamkeit: Wie kaum ein anderer hat der Maler Edward Hopper (1882- 1967) die Gefühle der modernen Großstadtmenschen eingefangen.
Mit unterkühltem Realismus zeigt er isoliert wirkende Gestalten im Neonlicht einer Bar, im Diner oder im Hotel. Die Ausstellung «Modern Life. Edward Hopper und seine Zeit» im Bucerius Kunstforum in Hamburg stellt den amerikanischen Künstler nun erstmals im Kontext seiner Zeitgenossen vor. Bis zum 30. August sind einige seiner bedeutendsten Gemälde zusammen mit rund 65 Gemälden aus dem Whitney Museum of American Art in New York zu sehen: Arbeiten von Man Ray, Lyonel Feininger, Charles Sheeler und Georgia O'Keeffe.
«Seine Bilder prägen bis heute unser Bild von Amerika», sagt Direktorin Ortrud Westheider. «Sie sind wie eine Geschichte, die man weitererzählen muss.» Das Besondere dabei sei, dass sich fast jeder in die Situation hineinversetzen könne. Die starke Atmosphäre seiner Werke inspirierte unter anderm Filmregisseure wie Alfred Hitchcock, der für das Motel in «Psycho» Hoppers Gemälde «Haus am Bahndamm» (1925) zum Vorbild nahm. Für den Film «Blade Runner» soll Regisseur Ridley Scott das Gemälde «Nighthawks» (Nachtschwärmer) als Vorlage verwendet haben. Und auch für den deutschen Regisseur Wim Wenders sind Hoppers Gemälde «wie der Anfang von einem amerikanischen Film».
Die acht Hopper-Gemälde - ohne das berühmte «Nighthawks», dafür aber mit einem aussagekräftigen Selbstbildnis - stehen im Zentrum der Ausstellung. Von hier aus können die Besucher in vier angrenzende Räume blicken. Dort hängen dann die Werke seiner Zeitgenossen, die verschiedene künstlerische Strömungen der amerikanischen Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vertreten. Den Anfang macht die Ashcan School um seinen Lehrer Robert Henri. Er schuf ein imposantes Porträt von Gertrude Vanderbilt Whitney, die zu den wichtigsten Förderern der modernen Kunst in den USA zählt. Sie lud Edward Hopper zu seiner ersten Einzelausstellung ein und gründete 1931 das Whitney Museum of American Art, dem Hopper seinen Nachlass vermachte.
Die zweite Gruppe bilden Künstler, die sich für die avantgardistischen Tendenzen in Europa interessierten. Zu ihnen gehören Lyonel Feininger, Man Ray und Georgia O'Keeffe. Der New Yorker Fotograf Alfred Stieglitz, späterer Ehemann von O'Keeffe, unterstützte junge amerikanische Künstler mit Stipendien für einen Europaaufenthalt und stellte sie später in seiner Galerie aus. Auch Hopper studierte in Paris die Kunst Courbets, Manets und Degas', entschied sich jedoch, «nur noch amerikanische Szenen zu malen». 54 Jahre lang lebte er am Washington Square, dem Zentrum des New Yorker Künstlerviertels Greenwich Village. Die Sommer verbrachte er jedoch zusammen mit seiner Frau Josephine auf Monhegan Island, in Gloucester und auf Cape Cod.
Ausgedehnte Reisen durch die USA machten Hopper mit den Themen der Präzisionisten bekannt, die sich ihre Motive an der Peripherie der Stadt, in den Vororten und Industriebrachen suchten. So malte Charles Sheeler 1932 die Ford-Werke in Detroit, damals die größte Industrieanlage der Welt. Die sozialen Probleme der Großen Depression thematisieren die Gemälde von Ben Shahn, Raphael Soyer und Reginald Marsh. So ist von Marsh das Gemälde «Ten Cents a Dance» (Jeder Tanz zehn Cent) zu sehen, das sich mit der Kommerzialisierung der Freizeit auseinandersetzt. Einer der vier Gruppen angeschlossen hat sich Hopper nie. Vielmehr können die Besucher «nachvollziehen, wie Hopper die Themen seiner Generation ausbalancierte».