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Doping Doping: Scharping-Koalition macht Tempo

Von Andreas Zellmer 06.08.2006, 14:34

Bad Tölz/dpa. - Fünf Wochen nach der Suspendierung Jan Ullrichsund eine Woche nach dem ersten «Runden Tisch» erarbeitete ein Gremiumaus Teamchefs, Ärzten, Veranstaltern und Sponsoren einenbeschlussfertigen Katalog von Maßnahmen. Er umfasst mehr undeffektivere Doping-Kontrollen im Training und die Verpflichtung allerin Deutschland lizenzierten Fahrer, genetische Fingerabdrückevorzulegen. Dazu soll spätestens mit Beginn der kommenden Saison einein vom Bund Deutscher Radfahrer (BDR) eingesetzter Vertrauensarztdie oberste medizinische Instanz bilden. Der Verband behält sich lautScharping Sanktionen bei Verstößen gegen die neuen Richtlinien vor.

«Auf der Präsidiumssitzung am 31. August beschließen wir diegemeinsam beschlossenen Maßnahmen, ab 1. September treten sie inKraft», sagte Verbandspräsident Scharping am Samstagabend in Bad Tölzund demonstrierte erneut Entschlossenheit. Allerdings beschränkt sichdie begrüßenswerte Initiative bisher auf den nationalen Bereich, auchwenn Scharping und die Beteiligten die Hoffnung hegen, dass«Deutschland zum Vorreiter im Anti-Doping-Kampf» wird, wie Hans-Michael Holczer, der Manager des Gerolsteiners Teams, erklärte. WDR-Intendant Fritz Pleitgen kündigte am Sonntag an, ermutigt durch dieErgebnisse des «Runden Tisches», dass die ARD weiter Radsport imFernsehen übertragen werde.

«Wir wollen erreichen, dass es bei uns anfängt und weitergeht.Unsere Beschlüsse gehen an den Weltverband und es gibt Hinweise aufKooperation: Italiener und Franzosen wollen mitziehen», sagteScharping, der flankierend erneut ein Anti-Doping-Gesetz forderte:«Mir ist egal, ob es so heißt, Hauptsache es ist wirksam.» Zum Finaleder Deutschland-Tour am kommenden Mittwoch in Karlsruhe wird der UCI-Präsident Pat McQuaid erwartet.

Die beiden deutschen ProTour-Teams T-Mobile (zahlt bereits) undGerolsteiner sowie die mit italienischer Lizenz, aber deutschem Geldfahrende Milram-Mannschaft sagten der Nationalen Anti-Doping-Agentur(NADA) finanzielle Unterstützung zu. Die NADA nimmt die Trainings-Kontrollen vor. «Ich schätze mit 500 000 Euro mehr könnten unserebeiden Labore in Köln und Kreischa mehr und intensivere Kontrollenvornehmen», sagte der ehemalige Verteidigungsminister, der einTreffen mit DOSB-Präsident Thomas Bach, der als Gegner gesetzlicher,die Sportler sanktionierende Doping-Regelungen gilt, vereinbarte.«Die Finanzierung ist geklärt», sagte Holczer.

Am nächsten «Runden Tisch» nach der WM in Salzburg im Septembersoll auch die NADA Platz nehmen. Scharping will erreichen, dass «50Prozent mehr Kontrollen in der Trainingsphase» vorgenommen werden.Das System der Tests ist noch längst nicht flächendeckend. Die neuedeutsche Radsport-Hoffnung Linus Gerdemann (23) vom T-Mobile-Teamerklärte vor verdutzten Zuschauern im ZDF-Sportstudio, dass er indiesem Jahr noch nicht einmal in der Trainingsphase kontrolliertworden sei.

Die obligatorischen Kontrollen nach den Rennen sollen insofernverbessert werden, dass der zu testende Fahrer von Zieldurchfahrt bisUrin-Abgabe ständig von einem Aufpasser begleitet werden soll.Außerdem wollen die Team-Ärzte interne Blutvolumen-Kontrolleneinführen, um Anhaltspunkte auf Eigenblut-Doping zu erhalten, dasbisher noch nicht nachgewiesen werden kann. Bekanntlich soll Ullrichauch auf diese Weise manipuliert haben. «Wir stellen die Werte derFahrer unabhängigen, internationalen Experten zur Verfügung undlassen uns auf diese Weise selbst kontrollieren», sagte am Sonntag T-Mobile-Teamarzt Lothar Heinrich, der nur «weiter machen will, wennsich wirklich etwas ändert».

Scharping stellte sich vor die Teamärzte, denen - im Fall T-Mobile- womöglich systematisches Dopen von Ullrich und Oscar Sevillaverborgen blieb. «Der Generalverdacht hilft nicht. 'Wir wollen einenoffenen Informationsaustausch' haben die Ärzte zugesagt», erklärteScharping, der sich an der internationalen Durchsetzbarkeit seinesMaßnahmen-Katalogs und an der tatsächlichen Umsetzung im nationalenMaßstab messen lassen muss.

Erik Zabel, der am Sonntag zum Start der 5. Etappe derDeutschland-Tour das Gelbe Trikot trug, fühlt sich den «Fansverpflichtet. Wir sehen die Plakate am Straßenrand». Auf dem Weg nachBad Tölz stand am Samstag auf einem Transparent «Doper insGefängnis.»