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Doping im Langlauf Doping im Langlauf: Zielfahnder jagen schwarze Schafe

Von STEPHAN KLEMM 21.02.2011, 20:13

OSLO/MZ. - Der Schweizer Langlauf-Aktivist Jürg Capol redet gern über Pläne zur besseren Verbreitung und Vermarktung seiner Sportart. "Zu europalastig" seien ihm die Wettkämpfe in der Loipe, man müsse viel internationaler denken: "Kanada, USA, Asien - alles neue TV-Märkte", sagt der Renndirektor des Ski-Weltverbandes (Fis). Doch für dieses Mehr muss alles passen, vor allem der Eindruck, den die Athleten hinterlassen. Skandale bremsen die Entwicklung.

Doch die Geschichte zeigt: Langlauf und Doping gehören zusammen wie Eiskunstlauf und Rittberger. Bei der nordischen WM 2001 gab es im finnischen Lahti einen Skandal um sechs gedopte einheimische Langlauf-Stars, 2002 bei den Olympischen Spielen wurden in Salt Lake City der für Spanien startende Doppel-Olympiasieger Johann Mühlegg und zwei russische Top-Läuferinnen enttarnt, ehe Carabinieri 2006 bei den Winterspielen in Turin im Lager der österreichischen Langläufer und Biathleten eine mobile Station für Bluttransfusionen entdeckten. "Ich will den Langlauf nach vorn bringen. Aber ich weiß auch: Bei uns ist nicht alles sauber. Ich bin doch nicht naiv", sagt Capol. Zurzeit sei die Gefahr gerade wieder etwas größer: "Wir sind im Anflug auf eine große Meisterschaft. Da müssen wir aufpassen, sonst haben wir ein Problem."

Hoffnung auf Zielkontrollen

Die große Meisterschaft beginnt am Mittwoch auf Oslos Holmenkollen, dort geht es um die Welttitel in den nordischen Disziplinen Skisprung, Langlauf und Kombination. "Da wird vermehrt etwas versucht, da sind wir uns sicher", sagt Capol. Die Fis führt aktuell sogar eine schwarze Liste mit potenziellen Dopern, die sie mit Zielkontrollen besonders verfolgt. "Darauf sind bis zu acht Langläufer vertreten", sagt Capol.

Zuletzt wurden besonders Athleten aus Russland überführt, elf innerhalb eines Jahres. Betroffen waren neben einigen Biathleten auch Langlauf-Olympiasieger wie Julia Tschepalowa und Jewgeni Dementjew. Auffällig wurde auch deren Teamkollege und Vize-Weltmeister Nikolai Pankratow. Bei dem wurden im September 2010 auf dem Weg von Österreich in die Schweiz 22 Ampullen des Kälberblut-Präparates Actovegin entdeckt - die Folge: zwei Jahre Sperre.

Schutzsperren vor Tour de Ski

Im Januar, vor Beginn der Tour de Ski, wurde zudem noch eine Schutzsperre gegen den Russen Maxim Wylegschanin ausgesprochen: erhöhte Blutwerte. Im Jahr zuvor nahm die Fis mit derselben Begründung Wylegschanins Teamkollegen Ivan Alipow und Alexander Kusnezow vor der lukrativen Langläufer-Wettkampfserie aus dem Rennen. Mit den beiden verließen damals plötzlich auch die Mitfavoriten Wylegschanin (29) und Alexander Legkow (28) die russische Mannschaft, Begründung: "angeschlagene Gesundheit".

Neben Wylegschanin wurden im Januar 2011 auch ein Slowake und zwei Esten schutzgesperrt, was zeigt, dass die Fis durchaus fündig werden kann, wenn sie denn mal sucht. Doch das passiert längst nicht immer. Die Anti-Dopingbeauftragte der Fis, die Österreicherin Sarah Fussek, räumte ein, dass nicht an jedem Weltcup-Ort kontrolliert werde, sondern "nur bei ausgewählten" Langlauf-Veranstaltungen. Eine davon sei die WM, sagt Fis-Generalsekretärin Sarah Lewis: "Vor der WM machen wir 450 Bluttests", um alle in Norwegen startenden Teilnehmer "mindestens einmal kontrolliert zu haben". In Oslo werden die ersten vier sowie zwei weitere, ausgeloste Athleten eines Wettkampfs getestet.

Die Fis ignoriert die russischen Auffälligkeiten nicht. Anfang Juni belegte das Council der Organisation den russischen Skiverband mit 270 000 Euro Strafe, die Hälfte zur Bewährung, verbunden mit der Verpflichtung, Trainer und Ärzte auszutauschen, die mit Doping in Verbindung gebracht wurden.

Behle bleibt skeptisch

Dass nun vermehrt hingeschaut wird, sei im Hinblick auf die Vermarktung seiner Sportart von Vorteil, findet Capol: "Man sieht, wir räumen auf." Allerdings blickt Langlauf-Bundestrainer Jochen Behle "skeptisch auf Russland, wenn man die Hintergründe so hört". Ein gewisser Effekt sei spürbar, findet Behle: "Die Leistungen der russischen Frauen sind nicht mehr so gut." Bei den Männern sei das zwar anders, aber da habe man es auch mit einem "hervorragenden, großen, jungen Team zu tun". Den Fall Wylegschanin will Behle deshalb nicht überbewerten. Legkow und Wylegschanin gehören in Oslo zu den Top-Favoriten.