Dominikanische Republik Dominikanische Republik: Entdeckerlust in der Karibik
Halle/MZ. - Auf Massentourismus ist das Hotel Cayo Levantado, das die spanische Hotelkette Bahia Principe erst Ende 2006 inmitten tropischer Natur eröffnete, auch nicht eingestellt. Zweifellos eine Perle der Karibik. Doch zwischen Samana und Santo Domingo gibt es weit mehr zu entdecken als Bacardi-Romantik.
"Noch zu oft wird die Dominikanische Republik auf Massentourismus in All-Inklusive-Anlagen reduziert", bedauert Gerald Weitgasser, Resident Manager der Ferienveranstalter Thomas Cook und Neckermann. "Dabei hat das Land so viel Natur, Kultur und Geschichte zu bieten." Wer neugierig ist auf Land und Leute wird Christoph Kolumbus verstehen, der 1492 bei der Entdeckung der Insel Hispaniola ausrief: "Nie sah ich Schöneres."
Kaum eine Stunde braucht unser Boot von der Insel Levantado bis zum Nationalpark Los Haitises, der sich auf 200 Quadratkilometern zwischen Bahia de Samana und Cordillera Oriental erstreckt. Maetin Deullard ist hier fast täglich mit Naturliebhabern unterwegs. Mal sacht, dann wieder rasant steuert er durch enge Buchten, die von ausgedehnten Mangrovengürteln und dichtem Regenwald gesäumt werden. Vorbei an bis 100 Meter aus dem Wasser ragenden "Mogotes", an Schildkrötenrücken erinnernde Inseln, auf denen Kormorane, Pelikane und Fregattvögeln nisten. In einigen Karsthöhlen haben die Tainos ihre Spuren hinterlassen. Petroglyphen - in Stein geritzte Bilder - die etwa 2000 v. Ch. entstanden sind. Prähistorische Symbole, Insekten, Vögel, Fische und sogar Wale. So lange schon zieht es die riesigen Meeressäuger in die warme Bucht von Samana.
"Wale sind unsere treuesten Gäste", sagt Juan Cico. Der 48-Jährige aus Santa Barbara ernährt seine Familie mit Fischerei. Doch von Mitte Januar bis Mitte März fährt er Touristen zur Beobachtung der "Ballenas jorobadas". Tausende bis zu 15 Meter lange Buckelwale kommen alljährlich aus den kalten Gewässern um Grönland und Island zur Paarung in die Samanabucht.
Juan kennt die Lieblingsplätze der balzenden Bullen. Während alle Augen den Horizont nach Flossen und Luftfontänen absuchen, steuert er zielgenau auf einen Wasserpflanzenteppich zu, drosselt den Motor, bis das Boot fast geräuschlos über den folienglatten Atlantik gleitet. Urplötzlich schraubt sich steuerbords ein dunkler Walrücken in den blauen Himmel, biegt sich rücklings und versinkt mit weißem Bauch, gespreizten Seitenflossen und mächtiger Detonation wieder in der Tiefe. Garantien für das Naturschauspiel gibt es nicht. Doch dank Juans Erfahrung können die Kameras weitere tollkühne Sprünge festhalten. Zum Schutz der Tiere ist die Beobachtung der liebestollen 30-Tonner auf eine halbe Stunde begrenzt.
In Jarabacoa gibt es kein Zeitlimit. Der in den Zentralkordilleren gelegene "Ort wo das Wasser fließt" ist beliebt bei Aktivurlaubern. Die Rancho Baiguate hat sich auf deren Wünsche eingestellt: Trekking zum Pico Duarte, dem mit 3 098 Metern höchsten Berg der Karibik, Canyoning, Mountainbike-Touren, Pferdereiten oder Rafting auf dem Rio Yaque del Norte. Lastwagen bringen Schlauchboote und Passagiere zum Start.
Bevor es auf die 14 Kilometer lange Schluchtenstrecke geht, gibt es für die in Neoprenanzüge gepressten Abenteurer Trockentraining: Umgang mit Sicherungsseil und Rettungssack, Paddeln vorwärts und rückwärts. Was am Ufer noch manierlich aussieht, ähnelt beim Passieren der Stromschnellen dann mehr einem Rühren mit dem Löffel im Kochtopf. Bei "La Bandera", ein nach den Nationalfarben benanntes Gericht aus weißem Reis, roten Bohnen und geschmortem Fleisch, sind die Strapazen bald vergessen.
Genuss für alle Sinne ist in Santiago de los Caballeros mit dem Namen Leon verbunden. Leon steht für blauen Dunst und Kunst. In der zweitgrößten dominikanischen Stadt hat Herminio Leon 1903 die Zigarrenfabrik "La Aurora" gegründet. Die Manufaktur ist die älteste Tabakfabrik des Landes und Arbeitsplatz von Marc Christian. Wie eine Aurora-Zigarre entsteht, erklärt der 29-jährige Dominikaner in bestem Deutsch.
Nur wenige Schritte entfernt von der Tabacalera Leon steht das Centro Leon - das größte Kulturzentrum der Karibik. Geschaffen vom Aurora-Zigarrenfabrikant und Kunstliebhaber Don Eduardo Leon Jimenes. Ein Ort für Archäologie, Ethnografie und moderne Kunst, der alle Facetten karibischer Kultur und Geschichte vereint und sich auch mit Museen der Hauptstadt messen kann.
Bei fast jeder Erklärung in Santo Domingo benutzt Alden Modesto Ruiz vom Tourismusministerium das Attribut "erste". Erste amerikanische Hauptstadt, erste Kathedrale, erstes Hospital in der "Neuen Welt". Natürlich beginnt ein Rundgang am Denkmal von Amerika-Entdecker Kolumbus. Stunden sind nötig, um nur kurz die Kolonialbauten zu streifen. Etwa 300 sind es. Wer in alle reinschauen will, sollte sich im Hotel "Niclas de Ovando" einquartieren. Mitten in der Altstadt gelegen, fühlt man sich zurückversetzt in die Entdeckungszeit der Karibik.