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ChampCar-Serie ChampCar-Serie: Aus dem Rollstuhl ins Cockpit

Von Ralf Jarkowski 08.05.2003, 15:41
Das Archivbild vom 30.10.2001 zeigt den Rennfahrer Alessandro Zanardi, der auf dem Gelände des Unfallkrankenhauses in Berlin-Marzahn in seinem Rollstuhl sitzt. (Foto: dpa).
Das Archivbild vom 30.10.2001 zeigt den Rennfahrer Alessandro Zanardi, der auf dem Gelände des Unfallkrankenhauses in Berlin-Marzahn in seinem Rollstuhl sitzt. (Foto: dpa). ZB

Hamburg/dpa. - Aus dem Rollstuhl ins Cockpit und dann 13 Runden bei Tempo 350: Mit einem beispiellosen Comeback will Alessandro Zanardi am Sonntag auf dem EuroSpeedway Lausitz seine Fans begeistern und allen Leidensgenossen Mut machen. Rund 20 Monate nach seinem Horrorunfall, bei dem der Italiener am 15. September 2001 auf dem Hochgeschwindigkeits-Kurs beide Beine verlor, klettert er wieder in ein Champ Car und holt symbolisch jene 13 Runden nach, die ihm einst das Schicksal verwehrte. Als Grand Marshal der «German 500» wird Zanardi danach seine früheren Kollegen zum fünften von 19 Saisonrennen der Champ-Car-Serie auf die Piste schicken: «Gentlemen, start your engines, please.»

Zwei Mal, 1997 und 1998, war Zanardi Champion in der laut Eigenwerbung schnellsten Rennserie der Welt, 15 Rennen hat er gewonnen. Auch deshalb ist die Rückkehr auf den Lausitzring - in Sichtweite der Autobahn Dresden-Berlin - für den 36-Jährigen ein «einmaliges Gefühl». Er sei sehr stolz, versicherte er, aufgeregt oder nervös aber überhaupt nicht. «Ich freue mich schon darauf. An den Unfall denke ich nicht mehr. Ich lebe in der Gegenwart. Was gestern passiert ist, hat keinen Einfluss auf meine Zukunft. Ich bin ein glücklicher Behinderter», sagte der Wahl-Monegasse in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Zum Ausflug in die Vergangenheit musste «Alex» nicht überredet werden. «Das war ganz allein meine Entscheidung. Und sie hatte viele Gründe. Der wichtigste: Das Geld, das die Sache einbringt, wird hundertprozentig meiner Stiftung und damit Kindern zu Gute kommen», sagte der Stargast des Rennwochenendes. «Ich tue es auch für meine Fans und meine Familie, denen ich unendlich viel zu verdanken habe. Und für Leute mit ähnlichen Problemen - die können sich mit meiner Story identifizieren.» Er will ihnen «Stärke und Zuversicht geben».

Zanardis 750-PS-Bolide - in den gleichen Farben und mit der Nummer 66 wie beim Unfallrennen - wurde speziell für den Italiener umgebaut. «Das Gaspedal ist am Lenkrad, wie beim Jetski, die Kupplung am Ganghebel. Die Fußbremse kann ich aber mit meiner Prothese erreichen und auch genug Druck ausüben», erklärte Zanardi, für den eine Rückkehr in den Rennsport «irgendwo zwischen Traum und Realität» angesiedelt ist. «Ich habe bisher nicht meinen Rücktritt erklärt, fühle mich immer noch als Rennfahrer und liebe meinen Sport.»

Er habe damals zwei Beine verloren, aber ein zweites Leben gewonnen. «Ich bin sehr glücklich, ich habe starke Arme, ich bin sehr agil, und ich kann wieder laufen.» Stück für Stück sogar ohne die Titan-Prothesen. Eigentlich, meinte der Vater von Niccolo und Daniela, vermisse er überhaupt nichts. «Ich habe eine glückliche Familie, ich kann Auto fahren, mit meinem Boot nach Sardinien düsen und an Deck Party feiern, Ski fahren, schwimmen und sogar tauchen.» Etwas unglücklich ist der Glückspilz nur, wenn er an die 5000 ungelesenen E-Mails seiner Fans denkt. «Wenn ich sie beantworten wollte, müsste ich fünf Leute einstellen.»