Bombardier-Beschäftigte befürchten Werksschließung
Kassel - Bei der Kasseler Belegschaft des Zugherstellers Bombardier geht die Angst vor einer Werkschließung um. Befürchtet wird, dass Aufträge zunehmend an andere Konzernstandorte verlagert werden und mittelfristig, in einigen Jahren, das Werk geschlossen werden könnte. «Wir vermissen ein klares Bekenntnis zum Standort», sagte der Geschäftsführer der IG Metall Nordhessen am Donnerstag nach einer Demo in Kassel gegen Pläne zum Personalabbau. Rund 500 Beschäftigte beteiligten sich nach übereinstimmenden Angaben von Polizei und Gewerkschaft in Kassel an einem bundesweiten Aktionstag.
Bombardier hat angekündigt, im laufenden und kommenden Jahr 1430 der rund 10 500 Stellen in Deutschland streichen zu wollen. Dabei handele es sich je zur Hälfte um Festangestellte und Leiharbeiter. Der Standort Kassel hat womöglich Glück: Es sollen weniger als zehn Stellen betroffen sein, wie die IG Metall erklärte. Die ostdeutschen Standorte seien am stärksten betroffen. Große Sorge bereitet den Arbeitern in Kassel dagegen die Zukunft des gesamten Werkes.
Der Konzern teilte auf Anfrage zum Szenario einer Werksschließung mit: Man beteilige sich nicht an Spekulationen und Gerüchten. Und: «Wir können keine langfristigen Standortgarantien aussprechen», sagte der Sprecher von Bombardier Transportation, Andreas Dienemann. Der Weltmarkt sei zu sehr in Bewegung.
Bombardier bestätigte aber, dass für Kassel eingeplante Produktionen nun vom norditalienischen Werk Vado Ligure übernommen werden. Dies sei nicht als Verlagerungstrend zu verstehen. «Wir beugen einer Überauslastung am Standort Kassel vor», sagte Dienemann. Es geht um die Produktion von 51 Loks in diesem und den nächsten beiden Jahren. In Kassel werden in diesem Jahr Unternehmensplänen zufolge 116 Loks produziert.
An Aufträgen mangele es für Bombardier nicht: Die Bücher seien voll, sagte Dienemann. Allerdings habe man in den vergangenen Jahren projektbezogen Personal eingestellt, nun müsse eine Anpassung erfolgen. Der Konzern mit 70 000 Mitarbeitern, knapp 40 000 davon in der Bahn-Sparte, müsse wettbewerbsfähig und profitabel bleiben.
Bei der friedlichen Demo in Kassel war von der Gewerkschaft zu hören, dass der kanadische Flugzeug- und Zughersteller Bombardier die angemietete Werksimmobilie loswerden und den Standort Vado Ligure stärken wolle. Bei dem Protest versammelten sich die Beschäftigten vor einem Werkstor auf einer wichtigen Hauptverkehrsstraße. Es kam laut Polizei in den Morgenstunden zu erheblichen Verkehrbehinderungen.
«Das Bombardier-Werk ist ein technologisches Aushängeschild des Wirtschaftsstandorts Kassel», sagte der Oberbürgermeister Bertram Hilgen (SPD). Die strategisch günstige Lage Kassels in der Mitte Deutschlands und Europas und die gute Erreichbarkeit seien Standortvorteile. (dpa/lhe)