Bobfahren Bobfahren: Der Bruchpilot fährt wieder voll auf Angriff
Altenberg/MZ. - Olympia-verdächtig sehen Bobpilot Matthias Höpfner und sein Anschieber Marc Kühne momentan nicht aus. Der Lenker aus Riesa humpelt. Er ließ sich gerade eine Platzwunde am Knie nähen. Sein Hintermann aus Halle pflegt Hautabschürfungen und eine deftige Schulterprellung. Bei Tempo 130 sind sie im Training mit ihrem neuen Zweierbob in Kurve 13 der Altenberger Bobbahn gegen eine Eisnase gedonnert und mit dem Gefährt umgekippt.
Der Bruchpilot war mit seinem Partner keine 24 Stunden nach dem durch unsachgemäße Eis-Präparation verursachten Unfall wieder in voller Fahrt. Sie haben nicht eine Stunde zu verlieren. "Wir sind keine Primadonnen, sondern Bobfahrer. Die sind hart im Nehmen", zeigt sich Marc Kühne unbeeindruckt. Am Wochenende müssen sie im sächsischen Altenberg durch das Fegefeuer der zweiten deutschen Weltcup-Qualifikation. Die Rechnung ist einfach. Nur die jeweils besten drei Zweier- und Viererbobs erhalten das Startrecht. Die stärksten Zwei dürfen dann bei den Olympischen Winterspielen im Februar in Turin starten.
Die Chancen stehen gut, dass erstmals seit 1998 in Nagano - damals saß Steffen Görmer im achtplatzierten Viererbob von Harald Czudaj - wieder Bobfahrer aus Halle bei den Winterspielen vertreten sein werden. Hinter dem überlegenen Oberhofer Olympiasieger Andre Lange entbrennt eine Rangelei um die weiteren Startplätze.
Die Bobfahrer müssen mit dem Luxus zu vieler starker Athleten leben. Selbst wenn mit Olympiasieger Christoph Langen einer von ihnen nach einem Herzinfarkt seine Laufbahn beendet hat. Hinter Lange gelten Höpfner und der Winterberger Andre Spies als aussichtsreichste Kandidaten, auch der Bayer Hartel Sanktjohansen, in dessen Crew der Hallenser Christian Reppe seine Chance sucht.
Mit Matthias Höpfner geht der ehemalige Zehnkämpfer Marc Kühne seit sechs Jahren durch dick und dünn. Sie waren 2002 in St. Moritz Junioren-Weltmeister im Zweier und Vierer, haben zusammen sieben Medaillen bei Welt-Championaten gewonnen. Die 29-Jährigen verstehen sich blind. Kühne sitzt im Vierer direkt hinter seinem Piloten und ist der wichtige Mittelsmann zu den weiteren Anschiebern im großen Schlitten. Höpfner testet nun sechs Anschieber.
"Marc beherrscht das für das Bobfahren so wichtige Zusammenspiel von Schnelligkeit und Kraft", kann sich der Vater und Heimtrainer Wolfgang Kühne freuen. Er betreut den Sohn im athletischen Bereich nebenbei, denn hauptamtlich ist der Leichtathletik-Trainer in Halle für die Mehrkämpfer wie Supertalent Norman Müller zuständig.
Neben Kühne fahren der Chemnitzer Ronny Listner, die Potsdamer Brüder Andreas und Stefan Barucha, Norman Dannhauer aus Magdeburg und seit einem halben Jahr auch der Hallenser Andreas Porth im Team von Ex-Rodler Höpfner. Eine gehörige Brisanz liegt über dem Verdrängungs-Wettbewerb.
"Bei aller Rivalität verstehen wir uns aber sehr gut. Als Neuling erhalte ich von den anderen wertvolle Ratschläge", erzählt der 21 Jahre alte Andreas Porth, der als eines der größten Diskuswurf-Talente galt und dem besonders geförderten Kader für die Olympischen Spiele 2008 in Peking angehörte. Er besticht mit seiner ungeheuren Kraft, die zur Startbeschleunigung des 210 Kilogramm schweren Viererbobs erforderlich ist. "Ich gebe alles, um mir den Traum von einem Olympiastart zu erfüllen", lautet seine Kampfansage.