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Biathlon Biathlon: Gold-Coup durch Michael Greis über 20 Kilometer

Von Uwe Jentzsch und Frank Kastner 11.02.2006, 15:09

Turin/dpa. - Nach seinem Gold-Coup brauchte Michael Greis einigeMinuten, um sein Glück zu fassen. Gleich in der ersten Entscheidungder XX. Olympischen Winterspiele in Turin sorgte der 29 Jahre alteBiathlet mit seinem Sieg über 20 Kilometer für einen goldenen Auftaktder deutschen Mannschaft. «Es war immer ein Traum von mir,Olympiasieger zu werden. Ich habe alles gegeben und rausgeholt. Ichhoffe, dass ich den Erfolg genießen kann», sagte der Bundeswehr-Sportsoldat aus Nesselwang.

In der Höhe von San Sicario stürmte Greis vor 6000 Zuschauern aufden sportlichen Gipfel. Selbst der große Favorit Ole Einar Björndalenkonnte den Allgäuer nicht gefährden. Mit nur einem Schießfehler undin 54:23,0 Minuten ließ Greis den fünfmaligen Olympiasieger ausNorwegen 16 Sekunden hinter sich. Björndalen hatte bei zweiFehlschüssen zwei Strafminuten kassiert und gewann immerhin nochSilber. Sein Landsmann Halvard Hanevold kam mit einem Rückstand von1:08,9 Minuten auf Greis zu Bronze.

Bei strahlendem Sonnenschein wurde Greis von seinen Teamkollegenund Bundestrainer Frank Ullrich gefeiert. Bei der Flowers-Zeremonieließen es sich Bundespräsident Horst Köhler und seine Frau Eva nichtnehmen, dem ersten Olympiasieger der Winterspiele 2006 zugratulieren.

Die anderen drei deutschen Starter hatten mit der Medaillenvergabenichts zu tun. Der Ruhpoldinger Ricco Groß, der bis zum letztenSchießen auf Medaillenkurs lag und dann eine Scheibe verfehlte, wurdeElfter. Der Oberhofer Sven Fischer landete mit drei Strafminuten aufPosition 17. Olympia-Neuling Michael Rösch verfehlte gar sechsScheiben und wurde 42.

Greis, der in diesem Winter bisher sieglos war, aber die Weltcup-Wertung über 20 Kilometer anführt, war selbst ein wenig überraschtüber seinen Erfolg. Dabei hatte er vor einem Jahr beim Olympia-Testauf der selben Strecke seinen ersten und bisher einzigen Weltcup-Sieggefeiert. «Da habe ich gesehen, dass auch Ole schlagbar ist. Doch ichbin nicht ins Rennen gegangen und habe mir gesagt: Heute wirst duOlympiasieger», meinte er.

Die Trainingsarbeit der letzten Tage habe sich ausgezahlt. «Ichhabe immer und immer wieder am Setup gefeilt, hatte zudemsensationell gute Ski. Ein ganz dickes Lob an die Techniker. Nur sokam mein heutiges Superrennen zu Stande», sagte Greis, der alsfünfter deutscher Biathlet über eine Einzelstrecke Gold gewann.

Im Rennen kämpfte er sich vom siebten Platz nach dem zweitenSchießen, als er eine Scheibe verfehlt hatte, systematisch nach vorn.Bundestrainer Frank Ullrich forderte die rund um die Streckepositionierten Betreuer zu stimmlichen Höchstleistungen auf. «Diehaben mich regelrecht angebrüllt. Die letzten Meter waren sehr hart»,betonte Greis, der sich im Trubel der Interviews «erst Mal fünfMinuten Zeit wünschte, um das alles genießen zu können».

Ullrich trieb der überraschende Erfolg ein Freudentränen in dieAugen. «Ein Riesenkompliment an Michi. Ich bin fast sprachlos.Fantastisch, wie er sich in den letzten Tagen im TrainingNervenstärke erarbeitet, sich im Kopf für das Rennen aufgebaut und amDonnerstag als akribischer Arbeiter zwei Stunden am Gewehr gebastelthat. Auf eine Medaille hatten wir gehofft, Gold nicht erwartet»,sagte der Bundestrainer.

Seine Taktik war voll aufgegangen. Ricco Groß sollte mit derniedrigen Startnummer 4 und hohem Anfangstempo die Konkurrenz unterDruck setzen und zu Fehlern beim Schießen verleiten. «Das hatfunktioniert. Unser Team ist so gereift, dass fast immer einerdurchkommt. Heute wurde das Rennen klar am Schießstand entschieden»,meinte Ullrich und kündigte für den Abend eine Feier an.

Biathlon-Fan Thomas Bach musste sich sofort ins Auto setzen, alsder Sieg von Greis feststand. Er hatte extra wegen der erstenEntscheidung noch Mal seine alte goldene Jacke hervorgekramt. «Diehat vor vier Jahren unseren Biathleten Glück gebracht und ich wolltemir nicht nachsagen lassen, dass es eventuell ohne die Jacke nichtklappen würde», sagte der IOC-Vizepräsident.