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Betriebssysteme Betriebssysteme: Zwitter für den PC

07.10.2002, 09:15
LindowsOS
LindowsOS Lindows.com

San Diego/dpa. - Die Vorteile von Linux und Windows in einem neuen Betriebssystem zu vereinen, ist kein leichtes Unterfangen. Das US-amerikanische Unternehmen Lindows.com mit Sitz im kalifornischen San Diego versucht es dennoch: LindowsOS 2.0 soll die Stabilität und Flexibilität von Linux bieten und das System gleichzeitig so leicht bedienbar machen, wie es die meisten PC-Besitzer von Windows kennen.

Entwickelt wurde LindowsOS vom MP3.com-Gründer Michael Robertson. Sein Ziel sei, eine benutzerfreundliche Linux-Version für Desktop-Computer als günstige Alternative zu Windows auf den Markt zu bringen. Zwar dürfte die schwierige Handhabung, die er damit Linux unterstellt, spätestens seit dem Erscheinen der Linux-Distributionen Suse Linux 8.1 und Mandrake Linux 9.0 Ende September der Vergangenheit angehören. Doch eine gewisse Zeit der Umgewöhnung müssen Windows-Kenner bei einem Umstieg auf Linux immer einplanen.

Lindows.com setzt deshalb auf eine Benutzeroberfläche, die stärker an die Betriebssysteme von Microsoft angelehnt ist. Wer LindowsOS haben will, muss es sich unter http://www.lindows.com herunterladen oder eine CD bestellen. Auf diese Weise bekommt man eine abgespeckte Linux-Variante. Die nötigen Anwendungen muss sich der Nutzer aus einer Click-N-Run-Datenbank für einen jährlichen Beitrag von rund 100 Euro herunterladen. Nach Angaben von Lindows.com enthält das ständig aktualisierte Archiv mehr als 1000 Programme wie Suns StarOffice 6.0.

Von der ursprünglichen Idee, mit LindowsOS Windows-Applikationen auf Linux leichter zum Laufen zu bringen, ist der Hersteller inzwischen abgerückt. «Windows-Kompatibilität gekoppelt mit einem günstigen Preis hätte ein Vorteil sein können», sagt Peter Siering, Redakteur der in Hannover erscheinenden Computerzeitschrift «c't». Dafür müssten die Fähigkeiten der Windowsemulation Wine aber noch erheblich gesteigert werden. Wine gestattet Linux-Nutzern bisher nur die Ausführung einer eingeschränkten Zahl von Windows-Programmen. Laut Lindows.com laufen drei Microsoft-Office-2000-Anwendungen mit Sicherheit auf dem System: Word, Excel und Powerpoint.

Allerdings bieten Linux-Pakete wie die von Suse, Mandrake oder Red Hat ohnehin eine große Zahl von Anwendungen, für die keine zusätzlichen Gebühren gezahlt werden müssen. Da stellt sich die Frage, warum man sich als «Lindows Insider» einschreiben soll.

«Die Installations-Methode von Lindows ist weniger traumatisch für Anfänger», nennt Patrick Norton vom Online-Netzwerk TechTV.com in New York einen Grund. Bei Click-N-Run starte der Nutzer durch einen einfachen Mausklick auf den Link den Download und die Installation der gewünschten Anwendung. Gegenüber Microsoft-Produkten sei der Kostenfaktor ein weiterer Vorteil von Lindows, so die Entwickler. Anstatt für jede einzelne Anwendung zu zahlen, befriedige Lindows für 99 US-Dollar im Jahr sämtliche Bedürfnisse nach Software.

Lindows.com bietet den Nutzern seines System zudem eine Family-Use-Lizenz an. Damit wird es Kunden gestattet, zu Hause auch andere Computer kostenfrei mit dem Betriebssystem und der Software bestücken. Ob das ein Vorteil gegenüber anderen Betriebssystemen ist, darf bezweifelt werden: Für Linux zum Beispiel wird eine solche Lizenz nicht gebraucht - die Distributionen dürfen uneingeschränkt weitergereicht und auf beliebig vielen System installiert werden.

Dennoch scheint das System vor allem in den USA zumindest schon einen Achtungserfolg verbuchen zu können: Dort werden inzwischen PCs mit vorinstalliertem LindowsOS unter anderem von WalMart.com angeboten. Auch einige Firmen in Deutschland wie RCA Computer in Ober-Ramstadt (Hessen) werben mit dem neuen System.

Thomas Baumgärtner, Sprecher von Microsoft in Unterschleißheim bei München, sieht in LindowsOS keine echte Konkurrenz: «Als Betriebssystem wird es vielen Anforderungen nicht gerecht». Diese Einschätzung teilt auch «c't»-Redaktuer Siering.