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Bestechungsskandal um Münchner Stadion Bestechungsskandal um Münchner Stadion: 1860-Vereinspräsident Karl-Heinz Wildmoser verhaftet

Von Sabine Dobel 09.03.2004, 20:42
Karl-Heinz Wildmoser zieht im September 2002 an seiner Zigarette. (Foto: dpa)
Karl-Heinz Wildmoser zieht im September 2002 an seiner Zigarette. (Foto: dpa) dpa

München/dpa. - Einer der «Strohmänner» und wesentlichen Beschuldigten habebereits gestanden, sagte der Chef der Staatsanwaltschaft München I,Christian Schmidt-Sommerfeldt, der ARD. Damit sei aber keiner derWildmosers gemeint. Unterdessen sagte Uli Hoeneß, Manager des FCBayern München, dem Berliner «Tagesspiegel» (Mittwochausgabe), ob manAnzeige erstatten werde.

Bei groß angelegten Durchsuchungen in mehr als 30 Objekten inDeutschland, Österreich und in der Schweiz wurde nach Angaben derStaatsanwaltschaft «eine Fülle von Beweismaterial» sichergestellt,insgesamt mindestens 150 Aktenordner sowie elektronischesBeweismaterial. Weitere Durchsuchungen stünden an, sagte Schmidt-Sommerfeld. Der Weiterbau des Stadions und insbesondere auch die WM2006 werde «von diesen Ermittlungen sicher nicht beeinträchtigt».

Konkret wurden neben den Wohnungen der Wildmosers eineImmobilienfirma in Dresden sowie Objekte im Raum München, inFrankfurt am Main, Salzburg, Zürich, Basel und Hergiswil durchsucht.Betroffen waren auch die Allianz Arena München Stadion GmbH sowie dieGeschäftsräume des TSV 1860 und des FC Bayern. Der FC Bayern stehenicht im Visier der Ermittlungen, dort sei nur nach möglichenBeweismitteln gesucht worden, betonte das BayerischeLandeskriminalamt.

Wildmoser soll Alpine gesteckt haben, dass die Fußballvereine alsBauherren maximal 280 Millionen Euro für den Neubau im MünchnerNorden annehmen wollten. Genau für diesen Preis wurde der Auftragvergeben. Das Schmiergeld von 2,8 Millionen Euro betrug ein Prozentdes Preises. Der Auftrag sei zu «einem deutlich überhöhten Preis»vergeben worden, sagte Schmidt-Sommerfeld. Wildmoser junior istGeschäftsführer der Allianz Arena München Stadion GmbH, dieVertragspartnerin der Baufirma Alpine ist.

Die Vorwürfe gegen den 64-jährigen «Löwen»-Präsidenten und seinenSohn lauten Untreue, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung. Bei denbeiden anderen Beschuldigten handelt es um einen Schulfreund vonKarl-Heinz Wildmoser junior sowie einen Mitarbeiter der DresdnerImmobilienfirma der Wildmosers. Sie sollen als Strohmänner fungierthaben.

Die Staatsanwaltschaft war der Korruption bei einerUmsatzsteuersonderprüfung bei einem der Strohmänner auf die Spurgekommen. Dabei seien im vergangenen Herbst «Auffälligkeiten»festgestellt und deshalb die Strafverfolgungsbehörden eingeschaltetworden. Um das geflossene Schmiergeld zu kaschieren, seienScheinrechnungen für Beratungsleistungen ausgestellt worden, sagteSchmidt-Sommerfeld.

Der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) äußerte sich«erschüttert». Das Ansehen des Fußballs, des Stadionprojekts und derStadt München sei beschädigt worden. Ude wusste seit Ende desvergangenen Jahres von den Ermittlungen.

Das neue Fußballstadion wird im Norden von München errichtet undsoll bis 2005 fertig gestellt sein. Dort sollen 2006 sechs WM-Spiele,darunter das Eröffnungsspiel und ein Halbfinale, stattfinden. Diebeiden Münchner Bundesliga-Vereine hatten sich das neue Stadiongewünscht und finanzieren es auch.

Der Münchner Versicherungskonzern Allianz hat die Namensrechteerworben. «Wir sind sehr überrascht», sagte ein Allianz-Sprecher. Manhoffe, dass an den Vorwürfen «nichts dran ist». Die Auswirkungen aufdas Ansehen der Sportstätte seien noch nicht absehbar.«Geschäftsstelle vorübergehend geschlossen», stand am Dienstag aufeinem Schild am Eingang zum TSV 1860. Der Club hob in einer Erklärungjedoch hervor, dass er mit seinen beiden Vizepräsidenten und dersonstigen Struktur weiterhin voll handlungsfähig sei.

Die Allianz Arena in München im Februar 2004 aus der Luft. (Foto: dpa)
Die Allianz Arena in München im Februar 2004 aus der Luft. (Foto: dpa)
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