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Auszeichnung Auszeichnung: Karriere-Ende als Neuanfang

Von Christoph Grimmer 22.12.2009, 16:54

HAMBURG/DPA. - Seine Karriere als Profi-Fußballer hat BenjaminAdrion im besten Alter aufgegeben. Zu Titeln hat es nie gereicht, zumBundesverdienstkreuz schon. Den Orden erhielt der Sohn des deutschenU-21-Nationaltrainers Rainer Adrion in diesem Jahr für seine Wasser-Initiative «Viva con Agua». «Mit dem Projekt machen wir mehr Geld,als ich als Fußballspieler verdient hätte - aber eben nicht fürmich», sagt der 28-Jährige. Dem Entschluss, die Fußballschuhe imSommer 2006 an den Nagel zu hängen, weint er keine Träne nach: «Eswar meine ganz eigene Entscheidung, nicht mehr ins Training zugehen.»

Am Ende der Spielzeit stieg der FC St. Pauli, sein Club, in die 2.Liga auf. «Ich war noch mit auf dem Balkon. Alle haben schön dieAufstiegsprämie eingesteckt und ich stand doof daneben, war nichtmehr Teil der Mannschaft», bekennt Adrion. Langwierige Verletzungen,ein Trainingslager auf Kuba und das gestartete Sozial-Projektleiteten das Karriereende mit 25 ein. 2002 hatte alles noch ganzrosig ausgesehen: Adrion schaffte beim VfB Stuttgart den Sprung insBundesliga-Team. Ein Spiel absolvierte er nicht. «In der Hinrunde saßich meist auf der Tribüne und war viermal im Kader. In der Rückrundehatte ich Leistenprobleme», erzählt der frühere Mittelfeldspieler.

Ohne eine Spielminute reichte es zur Vize-Meisterschaft. «ImTraining habe ich Alexander Hleb und Co. Beine gemacht, dass sie zuHöhenflügen ansetzten», definiert der Schwabe seinen Beitrag zurChampions-League-Qualifikation. Anschließend zog es ihn zu EintrachtBraunschweig, 2004 zum Kiez-Club St. Pauli. Im Wintertrainingslagerweilte Adrion mit dem Club auf Kuba, nachdem er zuvor auf Jamaika imUrlaub war. «Karibik ist zwar nicht Afrika, aber ein Unterschied zuEuropa. Aus diesem Ungleichgewicht entwickelte sich bei mir derImpuls, mich zu engagieren.» 2005 gründete er «Viva con Agua».

Auf der sportlichen Seite ging Adrion der Antrieb allmählichverloren. «Im letzten Jahr meiner Karriere war ich über ein halbesJahr verletzt. Ich war nicht mehr sechs bis acht Stunden in der Reha,sondern nur eine halbe oder anderthalb», bekennt der Schwabe. Auchdas habe dazu geführt, dass die Bereitschaft auf eineVertragsverlängerung von Vereinsseite schwand. Vom damaligen CoachAndreas Bergmann, heute Trainer bei Hannover 96, hätte sich Adrion«mehr Kommunikation über verschiedene Dinge gewünscht».

Wenngleich er Bergmann einen Anteil an seinem Karriereendezuschreibt, hat Adrion den Schlusspunkt selbst gesetzt: «In meinem101. Regionalliga-Spiel habe ich einen Elfmeter verschossen. Bergmannhat an der Seitenlinie getobt. Das war mein letztes Profispiel.» Dasist jetzt abgehakt, mit «VcA» hat Adrion ins Schwarze getroffen. Rund700 000 Euro hat der Verein bislang an Spenden gesammelt, die Mittelwerden der Welthungerhilfe übergeben. Bislang konnten 50 000 Menschenin Afrika, Asien und Lateinamerika nachhaltig mit Trinkwasserversorgt werden.

Im kommenden Jahr will die Initiative unter dem Motto «Löschenicht nur deinen eigenen Durst» eine eigene Wassermarke auf den Marktbringen, deren Erlös ebenfalls in Sozialprojekte fließt. Adrionmöchte kürzertreten: «Ende Januar werde ich Papa. Dann muss icheffektiver und gezielter arbeiten.» Über Weihnachten hat der ältestevon drei Geschwistern das Bundesverdienstkreuz in die schwäbischeHeimat mitgenommen, um es den Großeltern zu präsentieren: «Zubesonderen Anlässen, auch Familienfesten, darf man es ja tragen.»