Ausgrabungen für Kinder in Bad Buchau
Bad Buchau/dpa. - Mit großen Augen und ganz vorsichtig durchwühlen etwa zehn Kinder die Erde vor dem Federseemuseum in Bad Buchau (Kreis Biberach). Sie sind auf der Suche nach einem Schatz, der jedoch weder glänzt noch funkelt.
Denn diese Schatzsucher graben nicht nach Gold oder Diamanten; sie buddeln nach Scherben, Tierknochen und Blütenstaub. Wie die Profis wollen die jungen Archäologen eine steinzeitliche Siedlung aus dem Jahr 3167 vor Christus erforschen.
«Es macht Spaß, was man mit dem Pinsel alles machen und entdecken kann», sagt der zehnjährige Matthias - auch wenn er lieber später Konditor werden will. Die achtjährige Janina hingegen schaut sich schon mal genauer den Beruf an, den sie später durchaus gerne lernen würde. «Es macht Spaß, dass man was finden und entdecken kann», sagt sie mit strahlenden Augen und legt behutsam den Schädelknochen eines Schweins frei.
Vom 3. bis 16. August bietet das Federseemuseum dieses außergewöhnliche Ausgrabungsprojekt für Kinder an. Mit Schaufel und Spaten, Mikroskop und Computer, Bestimmungsbuch und Zeichenstift forschen die Kinder an einer speziell präparierten Ausgrabungsstelle. Unter Anleitung des Chefarchäologen Rudolf Walter, der mit seinem braunen Hut an die Filmfigur Indiana Jones erinnert, entsteht so der Plan einer 5000 Jahre alten Moorsiedlung aus der Zeit des Ötzis. «Über den Ötzi können wir für die Kinder einen Bezug herstellen», sagt der Museumspädagoge Walter.
Einer echten Ausgrabung nachempfunden lernen die Kinder etwas über die Arbeitsweise von Archäologen. Sie erfahren auch, was nach einer Ausgrabung noch passieren muss, damit ein schlüssiges Bild der Steinzeit entworfen werden kann. «Hier geht es nicht nur um Inhalte aus der Konserve im Frontalunterricht, sondern ums selber Erforschen», sagt Museumsleiter Ralf Baumeister. Der Vorsitzende des Bad Buchauer Altertumsvereins, Bertram Tschirdwahn, fügt hinzu: «Das Projekt ist eine Art Wiederholung der Geschichte. Wir fangen wieder an, selbst zu graben.»
Jedes Kind erhält zunächst einen «Anstellungsvertrag» als Archäologe. Dazu gibt es ein Grabungstagebuch, Werkzeug und Grabungsgerät: Pinsel und eine aufgeschnittene Plastikflasche, die als Schaufel dient. Im Grabungszelt geht es dann ans Buddeln: Die jungen Forscher entnehmen Bodenproben, legen archäologische Funde frei und zeichnen diese ins Tagebuch ein. Mit Hilfe von Vergleichssammlungen versuchen sie die Funde dann zu bestimmen und zu datieren.
So enthalten Tierknochen Informationen über Größe, Art und Alter der Tiere im Federseemoor. Pflanzenreste geben Hinweise auf Ackerbau, Waldnutzung und Sammelwirtschaft der steinzeitlichen Siedler, erklärt ihnen der Archäologe Walter. Anhand von Blütenstaub können die Kinder den Wandel der Vegetation entschlüsseln. Jahresringe im Holz verraten das Alter eines Baumes und so die Bauzeit der Siedlung. Über Alter, Herkunft und Gebrauch alter Gefäße geben Tonscherben und deren Verzierungen Auskunft.
Tatsächlich brachten in der Vergangenheit Ausgrabungen in der Moorlandschaft rund ums Federseemuseum wertvolle Funde ans Tageslicht, die über Jahrtausende im feuchten Boden erhalten geblieben sind: Wagenräder, Bekleidung, Einbäume und Fischernetze. Die erste Ausgrabung fand 1875 statt. «Das Museum steht in einer Schlüsselregion für siedlungsarchäologische Forschung», erklärt Baumeister.
Begleitet wird das Ausgrabungsprojekt für Kinder durch eine Ausstellung für Erwachsene. An mehreren Stationen werden die archäologischen und naturwissenschaftlichen Forschungsmethoden der Federseearchäologie erläutert. Finanziert wird es mit Fördermitteln der Europäischen Union, des Landes Baden-Württemberg und der Stadt Bad Buchau. Langfristig schwebt dem Museum vor, das Projekt als festen Bestandteil in den Schulunterricht zu integrieren.
Weitere Infos: www.federseemuseum.de