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Ausgrabungen Ausgrabungen: Domizil eines reichen Kaufmanns entdeckt

Von Klaus-Dieter Kunick 20.06.2001, 10:12

Weißenfels/MZ. - Passanten, die an der Nicolaistraße/Ecke Georgenbergstraße in Weißenfels vorübergehen, bleiben in der Regel stehen, um zu schauen, was sich in dem Areal tut. Denn imposant ist es schon, wenn man auf freiliegende Mauern blickt, die so gar nichts mit einem Hausneubau oder ähnlichem zu tun haben. Es handelt sich dabei auch nicht um Reste der Stadtmauer, die vielleicht in mühevoller Arbeit freigelegt werden. Außergewöhnlich ist es schon, was hier entdeckt worden ist, berichtete Ausgrabungsleiter Dr. Uwe Moos vom Landesamt für Archäologie Halle: "Wir sind auf den ersten Wohnturm von Weißenfels gestoßen, der möglicherweise vor 1500 errichtet wurde."

Ähnliche Wohntürme in Italien seien bis zu 100 Meter hoch gewesen, ergänzte er. Hier in Weißenfels handele es sich möglicherweise um die Räumlichkeiten eines reichen Kaufmanns. Nur per Zufall wurden die Überreste gefunden. Im Zuge der Vorbereitungsarbeiten für die noch zu bauende zweispurig verlaufende Georgenbergstraße stieß man auf die Mauern. Diese mittelalterlichen Wohntürme seien recht häufig vorgekommen, in Naumburg sei ebenfalls einer zu finden. Auch ein Kellergewölbe habe man gefunden. "Auf diesen Keller wurde wahrscheinlich im 17. oder 18. Jahrhundert ein weiterer Keller gebaut", berichtete Dr. Moos. Das sei deutlich nachvollziehbar. Eingebunden in die Grabungsarbeiten sind zehn Frauen und Männer im Rahmen einer Strukturanpassungsmaßnahme (Sam).

Sämtliche Erdschichten und Eingrabungen werden feinsäuberlich registriert. "Alles wird archäologisch dokumentiert", erklärte Maßnahmeleiter Gert Pie. Jede Schaufel Erde werde optisch nach historischen Funden untersucht, was manchmal gar nicht so einfach sei. "Es ist anstrengend", meinte Renate Galle, die über Sam beschäftigt ist, "aber auch sehr interessant." Pie ergänzte: "Man muss sensibel herangehen an die Arbeit, aber es werden zudem auch muskulöse Anstrengungen abverlangt."

Bis jetzt wurden 15 Container voll mit Erde, Bauschutt und Steinen abgefahren. Zu den wichtigsten Funden zählen Fragmente eines Webkammes aus Knochen, der etwa 14 Zentimeter lang ist und ursprünglich 10 bis 12 Zinken aufweist, sowie eine slawische Tonscherbe. "Die Scherbe ist recht bedeutungsvoll", so Dr. Moos. Da beispielsweise die Töpfe einer Mode unterworfen waren, so auch die vom Mittelalter, könne man das Alter fast genau feststellen.

Bis jetzt wurden in Weißenfels drei Fundstellen mit slawischen Scherben festgestellt: Im Bereich des Schlosses, im Parkhausgelände und nun hier. Dass einst eine slawische Siedlung auf dem Georgenberg existierte, sei zwar schriftlich überliefert, aber noch nicht bewiesen. Bis zum August dieses Jahres dauern die Arbeiten noch an.