Alexandria: Morbider Charme in Ägypten
Alexandria/dpa. - Wer den Namen Alexandria hört, denkt meist an die Antike: An der Hafeneinfahrt der Stadt in Ägypten stand einst ein Leuchtturm, der zu den sieben Weltwundern zählte.
Die Bibliothek von Alexandria war die umfangreichste der Welt. Und heute? Die Stadt ist vor allem ein klingender Name und eine Sommerfrische für Ägypter und arabische Touristen - mehr nicht. Doch die zweitgrößte Stadt Nordafrikas will sich künftig wieder mehr auf ihre große Vergangenheit besinnen und an den einstigen Glanz anknüpfen.
«Alexandria war eine europäische Stadt, in der mehr Italienisch, Französisch, Griechisch oder Englisch als Arabisch zu hören war. Die Stadt war schön und so sauber, dass man von der Straße hätte essen können. Kurzum, Alexandria war eine europäische Stadt, aber sie gehörte uns Ägyptern» - so beschrieb der Schriftsteller Nagib Mahfus die Stadt. Doch nach der Revolution 1952 und mit dem arabischen Sozialismus kam die Vertreibung der kosmopolitischen Gemeinde. Geblieben sind Erinnerungen und Wehmut: An der Corniche, der ehemals prächtigen Strandpromenade, blättert der Putz von den Gebäuden. Die Bausubstanz ist marode, zerfressen von Seeluft und Vernachlässigung.
Als ein Zeichen des Aufbruchs gilt der Neubau der Biblioteca Alexandrina. Das 2002 eröffnete Gebäude soll an den Wissenstempel aus antiken Zeiten anknüpfen. Der Lesesaal steigt in sieben Terrassen auf und bietet 2000 Besuchern Platz. Rund acht Millionen Bücher können ausgeliehen werden. Nicht dabei ist Nagib Mahfus' Buch «Die Kinder unseres Viertels», das nach wie vor in Ägypten nicht erschienen ist und wie viele andere Bücher auf dem Index steht.
Die Zukunft Alexandrias liegt wohl eher in der Archäologie als in der freien Diskussion: Seit 1998 tauchen französische Archäologen im Osthafen und bringen Sphinxe, Statuen und Säulen an Land. Entdeckt wurde auch ein 120 Meter langer Tunnel mit mehreren Räumen. Derzeit werden Pläne zur Ableitung des Wassers ausgearbeitet, danach könnten die Arbeiten zum Ausheben der versunkenen Stadt beginnen.
Bereits fertig ist ein anderes Projekt an der Corniche: Wo einst das Traditionshotel «San Stefano» stand, wuchs ein Gebäudekomplex mit einem Luxushotel, Eigentumswohnungen und Restaurants in den Himmel. An der Meerseite der Küstenstraße entstand ein Jachthafen mit Privatstrand und kleinen Strandvillen. Neben reichen Ägyptern aus Kairo sollen hier verstärkt Touristen aus Europa angelockt werden.
Auch Alexa Nahas würde sich über mehr europäische Gäste freuen, schließlich verdient sie ihren Lebensunterhalt durch Stadtführungen. Bisher kämen nur wenige Besucher, sagt die ältere Dame, die sieben Sprachen spricht und noch die glanzvollen Zeiten der Stadt erlebt hat. «Damals gab es eine lebendige Kulturszene, man saß in den eleganten Kaffeehäusern und genoss ein aufregendes Nachtleben», sagt sie. Immerhin etwas vom Glanz alter Zeiten bieten noch das «Trianon», das «Delice» oder das «Sofianopoulo», wo die Alexandriner heute bei türkischem Kaffee und süßen Spezialitäten ihr Schwätzchen halten.
In die Vergangenheit versetzen lassen können sich Touristen auch beim Besuch des Montazah-Palastes. Zwar kann die alte Sommerresidenz der ägyptischen Könige nicht besichtigt werden, zugänglich sind aber Gärten und Gästehaus. Möbel und Nippes aus alter Zeit sind auch im Attarin-Viertel zu finden. Die Läden in den engen Gassen sind voll gestopft mit Antiquitäten. Wer hier einkauft, muss feilschen können.
Informationen: Ägyptisches Fremdenverkehrsamt, Kaiserstraße 66, 60329 Frankfurt, Telefon: 069/25 21 53
Tourismus Ägypten: www.egypt.travel