1. MZ.de
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. SV Halle Lions: SV Halle Lions: Dornhoff musste sich überwinden

SV Halle Lions SV Halle Lions: Dornhoff musste sich überwinden

Von Christoph Karpe 30.01.2014, 22:56
Martin Dornhoff zeichnet wieder Spielzüge für die Lions auf.
Martin Dornhoff zeichnet wieder Spielzüge für die Lions auf. Schulz Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Nein, so hatte sich Martin Dornhoff diese Woche nicht vorgestellt. „Glücklich bin ich nicht“, sagt er ohne Umschweife. Denn was ihm schwer im Magen liegt, ist sein neuer Freizeit-Job und die Art und Weise, wie er an diesen geraten ist.

Dornhoff ist seit Montagabend Trainer der SV Halle Lions. „Vorübergehend - bis nach dem Spiel am Sonntag in Chemnitz.“ Auf diese zeitliche Begrenzung legt er wert. Denn eigentlich behagt ihm die Situation, plötzlich wieder für das Basketball-Team verantwortlich sein zu sollen, gar nicht.

„Kannst du uns helfen?“

Am Montag hatte das Management des trudelnden Bundesligisten den glücklosen Trainer Patrick Bär beurlaubt. Dann wurde das Team informiert und danach Martin Dornhoff angerufen - mit der Frage: „Kannst du uns helfen?“ Der ehemalige Coach, der in der Saison 2011/12 ebenfalls in einer Not-Situation eingesprungen war, fiel aus allen Wolken. „Ich habe die Entlassung von Patrick Bär überhaupt nicht kommen sehen“, sagt der Hallenser, der mittlerweile das Regionalliga-Team des SV trainiert. „Und meine erste Reaktion war: ,Das mache ich nicht’“!

Ärger über Alternativlosigkeit

Was ihn richtig ärgerte, war die Tatsache, „dass es überhaupt keinen Plan B gab“ und er deshalb als Lückenbüßer einspringen sollte, weil die Lions-Führung irgendwie auf ihn setzte. Nach dem Motto: Das Herz von Dornhoff schlägt für den Basketball, der lässt uns nicht im Stich.

Und weil das eben genau so ist, sagte der fast 70-Jährige dann auch zähneknirschend zu. „Ich wollte einfach nicht, dass die Mannschaft am Dienstag ohne Trainer dasteht“, erklärt er. Den Zwist mit seiner Frau Anne, die ihrem Mann ein Leben lang bei seiner sportlichen Leidenschaft den Rücken freigehalten hat und ihn nun verständlicherweise mal öfter auch für sich haben möchte, hatte er da auch schon kalkuliert: „,Mach doch, was du denkst‘, hat sie mir wenig begeistert gesagt“, erzählt Dornhoff.

Was ihn jedoch am meisten stört, ist die riesige Erwartungshaltung, die sich gerade hochschaukelt. Halles Basketball-Fans verbinden den Namen Martin Dornhoff untrennbar mit dem Vize-Meister-Coup von 2012. Damals hatte er die ähnlich wie heute am Boden liegenden Lions aufgepäppelt und am Ende nur hauchdünn - in der letzten Sekunde des fünften Finalspiels in Wolfenbüttel - die Meisterschaft verpasst. Spätestens seitdem ist Martin Dornhoff die Legende unter Halles Basketball-Trainern.

Trainersuche muss weitergehen

Und nun kommen Stimmen auf wie: „Mach es noch einmal Martin“ - gemeint ist eine Neuauflage dieses Aschenputtel-Märchens. Nur: „Solche Erwartungen sind doch absurd“, sagt der Coach. „Ich bereite die Mannschaft auf das wirklich schwere Spiel in Chemnitz vor. Mehr nicht.“ Und er vertraut darauf, dass die Trainersuche hinter den Kulissen bis dahin Erfolg hat. „Aber eingebunden bin ich dabei nicht, das will ich auch nicht“, betont Martin Dornhoff.

Seine Konzentration gilt der Mannschaft. „Das erste Training am Dienstag war halbwegs solide“, so sein Urteil. Euphorisch klingt das nicht. Martin Dornhoff betont auch: „An der aktuellen Verfassung kann ich nicht viel ändern.“ Um Himmels Willen mag er die Arbeit von Patrick Bär nicht beurteilen, ein Training unter ihm habe er auch niemals gesehen. Nur die meisten Heimspiele - außer des Desasters gegen Herne - beobachtet. Sein Urteil ist besorgniserregend: „Wer mit solch dürftigen Leistungen gegen Mittelklasse-Mannschaften wie Saarlouis und Herne verliert, für den wird es schwer, überhaupt in die Playoffs zu kommen.“

Konzentration auf Partie gegen Chemnitz

Genau diese Vision beschlich das Management am letzten Wochenende. Deshalb bekam Bär den Stuhl vor die Tür gesetzt. Und Martin Dornhoffs Aufgabe heißt Chemnitz. Darauf konzentriert er sich.

„Wir dürfen nicht zurückblicken. Unter die Vergangenheit gehört ein Schlussstrich“, sagt er entschlossen und hat diese Meinung auch gestern den Profis mitgeteilt. Sein Eindruck: „Das Team zieht mit, lässt sich nicht hängen, ist gewillt.“ Und was kann er nun in der Kürze der Zeit bewirken? „Ich kann nur versuchen, den Glauben zu entwickeln, dass wir in der Lage sind, bei diesem Prestige-Derby ein gutes Spiel abzuliefern. Vielleicht lässt sich die innere Substanz wieder herauskitzeln“, hofft Dornhoff.

Denn dass die Lions „individuell stark“ sind, steht eigentlich außer Frage. Doch als Team funktionierten sie zuletzt nicht. Ihre Fitness erschien dürftig. Deshalb glaubt auch Martin Dornhoff nur wenig daran, dass ausgerechnet bei den ChemCats, „die vor Selbstbewusstsein strotzen“, nun nach dem Trainer-Rauswurf sich auf einmal alles zum Guten wendet. „Es geht darum, eine sehenswerte Leistung abzuliefern und nicht unterzugehen“, sagt er.

Gelingt dieser Mutmacher für die weitere Saison, sieht er seine Mission als Helfer in der Not erfüllt. Am Montag dann, wenn sich die Führung der Basketballerinnen wieder trifft, würde er gern erfahren, wer als neuer Trainer feststeht. Aber was, wenn die Lions unter Martin Dornhoff in Chemnitz sogar siegen sollten?