Schwimmwettbewerb in Wittenberg Schwimmwettbewerb in Wittenberg: Die Vorbereitungen laufen trotz Corona

Piesteritz - Ein Quartett bereitet gegenwärtig das Event vor. „Verrückt, sagen die einen, Tradition verpflichtet, sagen wir“, so Trainer Uwe Stephan. Es geht um einen „der größten Schwimmwettkämpfe in Ostdeutschland und auch um ein Aushängeschild für Wittenberg“, so Katrin Pahnke-Meyer, die Abteilungsleiterin beim SV Grün-Weiß Wittenberg-Piesteritz ist. Die 130 Mitglieder des Schwimmvereins stellen den größten Freiluft-Wettkampf in Sachsen-Anhalt auf die Beine. „So etwas“, sagt Stephan, „kann nicht erst zehn Tage vor der Veranstaltung organisiert werden.“
Event ist im Juni geplant
Am 12. und 13. Juni sollen während des Wittenberger Stadtfestes „Luthers Hochzeit“ die Sportler in den Wettstreit treten. Und das bereits zum 20. Mal. Die Ausschreibung mit allen Details und Zeitplan ist bereits veröffentlicht. 2.700 Einzelstarts sind maximal möglich.
Eindrucksvoll ist auch die bisherige Bilanz: In den 19 Jahren starteten 11.530 Athleten von 634 Vereinen. Es gab 44.072 Einzelstarts. Die Teilnehmer erkämpften sich 8.550 Medaillen. Für die Plätze eins bis sechs wurden 17.100 Urkunden und 456 Pokale vergeben. „Es gibt jedes Jahr andere Motive bei Urkunden, Medaillen und Pokalen“, so Stephan, der davon überzeugt ist, dass dies noch ein zusätzlicher Ansporn für die Sportler ist.
Und ein besonderer Höhepunkt ist immer der Auftritt des aktuellen Luther-Paares, das auch Siegerehrungen vornimmt. Dabei war Marco Glaß, der zuletzt in die Rolle des Reformators schlüpfte, der bisher sportlichste. Als Triathlet kennt er sich im Kampf gegen die Uhr im Wasser aus. In den Jahrzehnten des Events durften die Organisatoren aber auch einen Sport-Muffel kennen lernen.
Dieser Luther wollte sich unbedingt vor dem Besuch des Freibades in Piesteritz drücken. Das allerdings hat beim Schwimmfest niemand bemerkt. „Ich habe davon erst nach der Veranstaltung erfahren. Per Dienstanweisung wurde Luther zur Stippvisite bei den Sportlern aufgefordert“, so Stephan.
Reformator als Sportmuffel?
Aber möglicherweise ist dieser Reformator dem Original sehr nahe gekommen. Der war wahrscheinlich - das lässt seine Leibesfülle allerdings nur vermuten - nicht unbedingt eine Sportskanone. „Da ist nichts überliefert, nichts bekannt“, sagt Bernhard Naumann, der Luther-Experte in Wittenberg. „Aber es sind einige Studenten in der Elbe ertrunken, weil sie nicht schwimmen konnten“, so Naumann.
Wettkämpfe im Wasser hat es im Mittelalter definitiv nicht gegeben. Der Sport entwickelt sich erst 1837 in den Hallenbädern Londons. Das ist sogar eine Parallele zu Piesteritz. Hier hat Stephan die Idee für das Spektakel. „Wir waren zu vielen Wettkämpfen in den alten Bundesländern und wurden oft gefragt, ob denn bei uns auch mal was los sei“, erinnert sich der Wittenberger.
Am 18. Juni 1995 erfolgt die Premiere - eben im Piesteritzer Hallenbad. „15 Vereine waren dabei. 830 Starts“, so Stephan, der mit dem Auftakt sehr zufrieden war. „Aber die Kapazität der Schwimmhalle war schon erreicht“, berichtet der Trainer.
Deshalb sei der Umzug ins Freibad erfolgt. Dies sei eine richtige Entscheidung gewesen. Hier fanden die Wettkämpfe von 1996 bis 1998 statt. Dann wird wegen des Umbaus des Freibads pausiert. 2001 startet nun das offiziell erste Schwimmfest anlässlich „Luthers Hochzeit“. „Das hat sich zum Kracher entwickelt“, zieht Stephan Bilanz.
Und das Freibad soll nach der Corona-Zwangspause 2020 wieder zum Eldorado für Schwimmer werden - notfalls auch unabhängig von der Durchführung eines Stadtfestes. „Dann schlüpfen eben Eltern in die Luther-Kostüme“, so Stephan. Allerdings hofft der Trainer schon, dass Corona - „Wir hatten am 9. März in Goslar unseren letzten Wettkampf.“ - nicht wieder die Pläne durchkreuzt und möglicherweise für eine Begrenzung der Teilnehmerzahl sorgt. „Wem sollen wir dann zuerst absagen?“ Stephan hofft, dass dem Verein diese unangenehme Aufgabe erspart bleibt.
Der Schmetterling-Weltrekord
Stattdessen soll eine Tradition fortgesetzt werden: Wettkämpfe der Superlative in Piesteritz. Gleich dreimal - und zwar 1964, 1966 und 1974 - fanden hier die DDR-Meisterschaften vor einer damals noch existierenden und voll besetzten Tribüne statt. Die Wettkämpfe verfolgen Live im TV Millionen. Schließlich geben sich hier Weltstars wie der vierfache Olympiasieger Roland Matthes oder Kornelia Ender, die in Piesteritz einen Weltrekord über 100 Meter Schmetterling schwamm, die Klinke in der Hand.
Uwe Stephan ging einst mit einem Piesteritz-Wimpel auf Autogrammjagd. Dem Wittenberger ist es zu verdanken, dass noch heute Kinder und Jugendliche auf den Spuren der Weltstars wetteifern können. (mz)