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Bernardo  Bernardo: RB Leipzig-Verteidiger will in die brasilianische Nationalmannschaft

Von Martin Henkel und Ullrich Kroemer 11.01.2017, 10:00

Lagos - Die Bar Trindade ist eine Legende in Lagos. Klein, unscheinbar, typisch. Der Innenraum wird gefüllt von einem Tresen in U-Form, im Vorzelt stehen Stühle und Tische aus Plastik im kühlen Licht von Neonröhren. Gemütlich ist etwas anderes. Aber das hier ist nicht Leipzig. Das hier ist Portugal.

Und das Trindade eine Bar wie daheim in Brasilien. Bernardo schaut kurz herein. Er will nichts essen, nichts trinken. Wäre sowieso verboten. Aber mal kurz die Atmosphäre einatmen, das muss schon drin sein. Er lächelt. Und meint, dass sei schon gut hier in Lagos. „Die Sprache ist mir vertraut. Das Essen, das Klima auch.“

Bernardos Vater hat in Japan, Mexiko und Deutschland gespielt

Der Profi von RB Leipzig stammt aus Sao Paulo. Typisch Brasilianer also, immer ein bisschen wehmütig und Auslandsleidend? Mitnichten. Bernardo ist so sehr Brasilianer wie er Weltbürger ist. Interessiert, offen, froh darüber, was ihm das Leben an Möglichkeiten bietet. „Mein Vater hat in Deutschland, in Japan, in Mexiko gespielt“, sagt er. „In diesem internationalen Geist und in unterschiedlichen Kulturen bin ich aufgewachsen.“

Seit gut einer Woche ist RB Leipzig im Trainingslager. Vor ein paar Tagen setzte es eine herbe Niederlage gegen Ajax Amsterdam. Das 1:5 hat Spuren hinterlassen. Trainer Ralph Hasenhüttl weiß gerade gar nicht so genau, mit welcher Stammelf er am Vergessen arbeiten soll.

Bernardo: „Ich bin Verteidiger, deshalb fühle ich mich in allen Positionen wohl"

Emil Forsberg wird seiner Roten gegen Bayern München (0:3) wegen in den kommenden drei Ligapartien fehlen. Naby Keita erholt sich nur schleppend von einer Muskelverletzung und bei Marcel Halstenberg schmerzt die Hüfte immer noch. Hasenhüttl muss improvisieren, was gegen Ajax misslang. Aber auf eines kann er sich immerhin verlassen – und das ist gerade nicht wenig angesichts der Personalprobleme: Bernardo ist fit.

Und wenn Bernardo fit ist, dann spielt er auch. Wo, ist dabei zweitrangig, denn der Abwehrmann ist so anpassungsfähig in seinem Spiel wie in seinen Ansichten über die verlassene Heimat. Er kann auf rechts, links, zentral und vor der Abwehr. „Wo mich der Trainer hinstellt“, sagt Bernardo. „Ich bin generell ein Verteidiger, deshalb fühle ich mich in allen Positionen wohl.“

Douglas Costa ärgert Bernardo

Hauptsache spielen. Als Rechtsverteidiger Lukas Klostermann mit einem Kreuzbandriss ausfiel, ersetzte ihn der Trainer durch den Linksfuß – und war begeistert, mit welchem Können der die ihm ungewohnte Seite abdichtete. Seither gilt Bernardo als gesetzt, hat neun von 16 Partien bestritten und gehört zu Hasenhüttls beinahe unverzichtbaren Akteuren.

Auch nach dem Bayern-Spiel ist das noch so, obwohl in der Partie Bernardo erstmals überfordert schien mit seiner Aufgabe. Er spielte gegen seinen Landsmann Douglas Costa und sah keinen Stich. Er habe sich darüber sehr geärgert, sagt Bernardo. „Douglas wollte nach dem Spiel noch ein bisschen mit mir sprechen, das ist so üblich.“Aber er sei dafür zu angefressen gewesen und habe ihn einfach stehen lassen.

Er muss lachen, als er das erzählt. Bernardo ist eine Frohnatur, das an ihm ist definitiv brasilianisch. Alles andere aber bewerkstelligt er mit fast schon deutschem Ernst. Er trainiert konzentriert und hart. Und ist froh, dass er bei RB und in der Bundesliga gelandet ist.

Bernardos Ziel: Die brasilianische Nationalmannschaft

„Die deutsche Liga ist taktisch, technisch und physisch exzellent. Ich mag es hier sehr und ich bin jetzt schon ein besserer Fußballer geworden.“ Nur der rechte Fuß sei noch arg entwicklungsbedürftig. Aber er arbeite auch daran. Und dann? Konstanz, Feinschliff, Erfahrung sammeln, mit RB sich entwickeln - Nationalmannschaft. Unbedingt. „Das ist mein klares Ziel!“ Aber später, nicht sofort. „Es ist noch zu früh für mich.“ 

Bernardo, 21 Jahre alt, sagt auch, er sei eher ein Typ, der Schritt für Schritt denke. In diesem Punkt ist er ebenso wenig ein typischer Brasilianer. Deshalb aber passt er ja auch so gut zu RB. Er schaut nach vorn – aber nicht zu weit.

Drei, vier tiefe Seelenzüge nimmt Bernardo im Trindade zu sich. Dann dreht er sich zu Oliver Burke um, der ihn begleitet. „Lass uns weitergehen“, sagt er zum Schotten und schreitet davon.