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Motorrad-WM Motorrad-WM: Henry Jacobi auf den Spuren des Superstars

Von Mike Händler 10.05.2017, 10:48
Henry Jacobi beherrscht seine Motocross-Maschine im Flug. Beim einzigen deutschen Weltmeisterschaftslauf in Teutschenthal will der Profi  Punkte sammeln.
Henry Jacobi beherrscht seine Motocross-Maschine im Flug. Beim einzigen deutschen Weltmeisterschaftslauf in Teutschenthal will der Profi  Punkte sammeln. Holger John / VIADATA Photo

Teutschenthal - Die Stärkung vor der Proberunde musste noch sein. Also setzte sich Henry Jacobi am Dienstagmittag an die offene Hecktür seines VW-Transporters. In der Hand chinesische Nudeln in einer Imbiss-Box. Ein Bild, das einem gewissen Klischee zu entsprechen vermochte. Stellt man sie sich nicht genau so vor, die Motorsport-Nomaden, die immer auf Tour sind.

So ganz falsch ist das auch für Henry Jacobi nicht. Der 20-Jährige vom MSC Teutschenthal startet in diesem Jahr in der sogenannte MX2-Klasse bei der Motorrad-WM. Auch am 20. und 21. Mai wird er auf seiner Heimstrecke über die Hügel im Talkessel fliegen. Dann findet der „Grand Prix of Germany“ statt, der Weltmeisterschafts-Lauf in Teutschenthal.

Henry Jacobi ist aktuell das größte Talent des Gastgebervereins. Und vieles an seiner Karriere kann man als beispielhaft einordnen, wie die Sportart Motocross hierzulande funktioniert und wo sie an ihre Grenzen stößt.

Schon mit drei Jahren hat der gebürtige Apoldaer mit dem Motorsport begonnen. Lange Zeit trainierte er in Mattstedt. Auf der Strecke der Familie Roczen, auf der auch der zwei Jahre ältere Ken Roczen groß geworden ist.

Weltmeister 2010

Die beiden verbindet viel - und trennt doch eine ganze Menge. Roczen ist heute ein Weltstar in der Motocross-Szene, fährt seit Jahren als Vollprofi in den USA. Henry Jacobi dagegen kämpft auf weit kleinerem Level, fährt aus finanziellen Gründen nur die europäischen Rennen der WM. Beide haben die Thüringer Herkunft gemein, beide den MSC Teutschenthal als Heimatverein. Beide waren schon als Junioren große Hoffnungsträger. Roczen war zwölf Jahre alt, als er Deutschland Junior-Motorsportler des Jahres wurde. Jacobi war 13. Das war 2010, als er Junioren-Weltmeister wurde.

Trotzdem trennen die beiden heute Welten. Henry Jacobi kämpft um einen Vertrag als Werksfahrer, nur der würde ihm Rennmaterial bescheren, mit dem er in der WM konkurrenzfähig wäre. Also braucht er Unterstützung. Und die erhält er von seinem Vater Matthias. Der 53-jährige Unternehmer aus Bad Sulza, der einen Schmierstoffhandel betreibt, begleitet seinen Sohn bei allen Wettkämpfen und unterstützt ihn sowohl materiell als auch finanziell. Auch so eine Parallele zu Ken Roczen, dessen Vater Heiko Klepka die Karriere seines Sohnes unterstützte.

Henry Jacobi weiß, dass die Zeit drängelt. „Das ist für mich das entscheidende Jahr“, prognostiziert er. Die besten 16 von 40 Fahrern fahren Werksmaschinen. In diese Kategorie will er es auch schaffen. Denn zurzeit fährt mit einer 250-Kubikmeter-Standardmaschine des schwedischen Herstellers Husqvarna in der MX2. Das ist jene Klasse, in der Ken Roczen 2011 Weltmeister wurde - mit 17 Jahren, als jüngster aller Zeiten.

Motocross als Randsportart

Jacobis Maschine gibt es handelsüblich für etwa 10 000 Euro im Laden. Etwa noch einmal so viel Geld steckt das Team hinein, um das Motorrad renntauglich zu modifizieren. Spezielle Stoßdämpfer, Auspuffe und die Schwingen der Hinterräder gehören dazu. Sechs Maschinen stehen bei den Jacobis. Klingt viel, ist aber im Grunde bescheiden.

Doch Motocross ist in Deutschland halt eine Randsportart. Und das ärgert Matthias Jacobi gewaltig: „Wir bekommen 25 000 Menschen an die Strecken. Woanders stehen hundert - und trotzdem bekommen sie eine hohe finanzielle Unterstützung.“ So braucht es für Familie Jacobi ein großes Stück Idealismus, um die Sportlerkarriere anzukurbeln.

Henry Jacobi trainiert täglich für seinen Traum. Neben den Übungsfahrten der Rennstrecke stehen Athletik und Ausdauersport auf dem Programm. „Muskelprotze dürfen wir nicht sein, in unserer Sportart brauchen wir vor allem Ausdauer.“ Und er hat große Ziele. „Ich will Weltmeister werden.“

Die Ergebnisse der letzten Zeit sprechen für sich. In den WM-Läufen schaffte es der Motocross-Fahrer schon bis auf den achten Platz. Bleibt es bei den Ergebnissen, gibt es die Chance, in die Riege der Werksfahrer aufzurücken.

Ob es für die große internationale Karriere reichen wird, ist offen. „Ich denke nicht zwei Schritte voraus. Zuerst will ich mich als Profi etablieren“, sagt Henry Jacobi. Und Neid auf den Trainingskollegen von einst, der es so weit geschafft hat, den gibt es bei den Jacobis schon gar nicht. „Einen Fahrer wie Ken Roczen“, meint Matthias Jacobi anerkennend, „gibt es nur einmal in 50 Jahren.“ (mz)